Detmold. Digitalisierung, sich verändernde Marktbedingungen, Energieeffizienz und immer stärkere Hygienevorschriften: Die Müllereibranche in Deutschland steht im 21. Jahrhundert vor großen Herausforderungen. Auf der 68. Tagung für Müllerei-Technologie der Arbeitsgemeinschaft Getreideforschung e.V. diskutierten Branchenvertreter an zwei Tagen Lösungen und Strategien für die Zukunft. 180 Entscheider aus Bäckerei, Müllerei, Getreidehandel und Zulieferer, Vertreter des Mühlen- und Anlagenbaus sowie Fachleute aus den Bereichen Getreidezüchtung, Forschung und Beratung aus ganz Europa nutzten die Gelegenheit, um sich auf dem Detmolder Schützenberg fortzubilden und auszutauschen.
Europäische Referenten vermittelten Input
Referenten aus Deutschland, der Schweiz, Norwegen und Schweden präsentierten in insgesamt 18 Fachvorträgen aktuelle Trends und Forschungsergebnisse. Technischen Input lieferte zum Beispiel Ralph Wagner von der Firma Bühler. Er stellte eine automatische Schüttwaage vor, die anstelle der üblichen pneumatischen Antriebssysteme über einen elektromechanischen 24 Volt-Antrieb betrieben wird und damit die Energiekosten um bis zu 95 Prozent senken kann. Maro Bauer und Hendrik Leerkamp, zwei Absolventen der Deutschen Müllerschule Braunschweig, stellten ein besonderes Projekt vor: Mit zwei Kollegen haben sie in Brasilien eine Annahme, Siloanlage und Reinigung für unterschiedliche Getreidesorten bei der Genossenschaft Agrária geplant und projektiert. Den Nachwuchskräften ist es gelungen, ein System zu schaffen, das eine hohe Flexibilität in der Verarbeitung von mehreren Getreidesorten ermöglicht.
Verfahren und Qualitätssicherung
Der Müller-Nachwuchs stand auch im Vortrag von Andreas Baitinger von der Gewerblichen Schule in Hohenlau/Stuttgart im Fokus. Er referierte über die Spezialisierungen „Agrarlager“ und „Müllerei“ im Ausbildungsgang Verfahrenstechnologe Müllerei- und Getreidewirtschaft. Damit werde dem Trend Rechnung getragen, dass die Lagerung und Gesunderhaltung der Rohstoffe einen immer höheren Stellenwert einnehme. Die Auszubildenden lernen zwei Jahre gemeinsam, um sich im dritten Lehrjahr zu spezialisieren.
Ein Plädoyer für die Normung von Getreide hielt Jan Philip Everding vom Deutschen Institut für Normung e.V. (DIN) und forderte die Experten zur aktiven Mitarbeit daran auf. Die aktive Mitarbeit biete die Möglichkeit, Entwicklungstendenzen, Trends und Marktchancen frühzeitig zu erkennen. Dass Wissenstransfer und -austausch gerade im Zeitalter der Digitalisierung einen unschätzbaren Wert haben, betonte auch Julien Huen vom ttz Bremerhaven, der das vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Projekt „Gluten-Netzwerk“ vorstellte.
Workshops rund ums Getreide
Parallel zum Vortragsprogramm nutzten die Teilnehmer die Workshopangebote zu „Vorabcheck Getreidegesundheit“, „Backfähigkeit Weizen“, „Feuchtigkeits- und Proteinbestimmung“ und „Standardbackversuche“. Das Netzwerken am Rande der Fortbildungen stand selbstverständlich auch bei der 68. Auflage der Fachtagung für Müllerei-Technologie auf der Agenda. In den Räumlichkeiten der AGF auf dem Schützenberg in Detmold luden zahlreiche Aussteller aus Industrie und Mühlentechnik zum Entdecken ihrer Produkte ein. Bei einer guten Tasse Kaffee und Mittagssnacks nutzten die Tagungsteilnehmer die Gelegenheit, um sich mit Ausstellern und Kollegen auszutauschen und zu vernetzen. Das Rahmenprogramm mit Besuch des Hermannsdenkmals wurde von allen Teilnehmern in den höchsten Tönen gelobt. Tobias Schuhmacher, Geschäftsführer der Arbeitsgemeinschaft Getreideforschung e.V. ist sich sicher, dass der Branche auch im kommenden Jahr die Themen nicht ausgehen: „In den vergangenen 15 Jahren hat sich die Zahl der Mühlen in Deutschland noch einmal reduziert. Mittlerweile gibt es einen deutlichen Trend zur Erholung − und unsere Mitglieder sind engagiert und immer am Zahn der Zeit − dazu tragen auch Veranstaltungen wie die Müllereitechnologie-Tagung bei.“