In Deutschland ist es zu einer Verbesserung bei der Zahlungsweise gekommen. Gegenüber dem Vorjahr haben sich die Überfälligkeitstage über alle Branchen hinweg von 13,50 Tagen im Durchschnitt auf 13,07 Tage reduziert. Nicht alle Branchen jedoch haben diese positive Entwicklung im 1. Halbjahr 2015 gegenüber dem Vergleichszeitraum nachvollziehen können: So hat das Baugewerbe – der „Spitzenreiter“, wenn es um den Zahlungsverzug geht – noch einmal von 15,10 auf 15,23 Tage zugelegt.
Ebenfalls einen schlechteren Wert als im Vorjahr zeigen im Hinblick auf den Zahlungsverzug die Branche „persönliche Dienstleistungen“ von 14,09 auf 14,18 Tage, die Grundstoffindustrie von 13,60 auf 13,91 Tage sowie die Hersteller von Konsumgütern mit 12,32 Tagen im Vorjahr auf aktuell 12,58 Tage. Alle anderen Branchen konnten ihren Zahlungsverzug reduzieren. Positiv sticht der Einzelhandel hervor, der von 13,96 Tagen Überfälligkeit nunmehr bei 12,46 Tagen angelangt ist.
Bei der Rangfolge im Hinblick auf die Überfälligkeit hat sich insgesamt wenig getan: Nach wie vor zeigen die Branchen „Chemie/Kunststoffe“ (10,79 Tage Überfälligkeit), „Metall/Elektro“ (11,58 Tage) und der Großhandel (12,07 Tage) den geringsten Verzug. Allerdings lagen vor einem Jahr noch die Konsumgüterhersteller an 3. Stelle des Rankings mit 12,32 Tagen (aktuell 12,58 Tage – 5. Platz).
Die schlechteste Zahlungsweise weisen nach wie vor das Baugewerbe und der Wirtschaftssektor „Verkehr/Logistik“ auf (15,23 bzw. 14,46 Tage). Es folgen die Wirtschaftsbereiche „persönliche Dienstleistungen“ (14,18 Tage) und die Grundstoffindustrie (13,91 Tage) mit dem höchsten Zahlungsverzug.
Überfälligkeit nach Bundesländern
Am längsten warten Unternehmen in Schleswig-Holstein auf ihr Geld: 13,61 Tage beträgt der durchschnittliche Verzug im Bundesland – gegenüber dem Vorjahreswert von 13,98 Tagen ist das zwar eine Verbesserung, aber immer noch der letzte Platz beim Zahlungsverhalten unter den Bundesländern. Am besten stehen die Unternehmen in Sachsen mit einer Überfälligkeit von 12,34 Tagen (2014: 12,87 Tage), in Bayern mit 12,55 Tagen (2014: 12,66 Tage) und in Brandenburg mit 12,79 Tagen (Vorjahr: 13,46 Tage) da.
Zahlungsziele/Außenstandsdauer nach Rechtsformen
Am längsten dauert es beim Gewerbebetrieb, bis die Rechnung beglichen ist: 44,51 Tage vergehen von der Rechnungsstellung bis zum Zahlungseingang. Nicht nur Gewebebetriebe stellen einen großen Teil der Rechtsformen für (kleine) Unternehmen, die GmbH ist die Rechtsform der Wahl für den deutschen Mittelstand. Hier bleiben die Rechnungen im Durchschnitt 38,59 Tage offen. Dabei ist die Lücke zwischen vereinbartem Zahlungsziel und tatsächlichem Zahlungseingang beim Gewerbebetrieb noch größer als bei der GmbH: Während bei der GmbH im Durchschnitt 28,76 Tage als Zahlungsziel festgehalten sind, sind es beim Gewerbebetrieb 27,36 Tage.
Die größte Lücke zwischen Zahlungsziel und tatsächlichem Zahlungseingang weist unter dem Gesichtspunkt der Rechtsform die UG (Unternehmergesellschaft) auf, bei der üblicherweise 19,49 Tage Ziel vereinbart sind – der tatsächliche Rechnungseingang allerdings erst bei 37,23 Tagen zu registrieren ist. Am schnellsten wird der Zahlungseingang beim eingetragenen Verein (28,76 Tage), bei Freiberuflern (32,66 Tage) und schließlich bei Genossenschaften (35,21 Tage) verbucht.
Anteil überfälliger Forderungen versus Volumen dieser Forderungen
Während bei der GmbH rund die Hälfte der Betriebe (50,11 Prozent) ihre Rechnungen zu spät bezahlt und das Volumen dieser offenen Rechnungen im Verzug etwa den gleichen Anteil (51,65 Prozent) verzeichnet, erscheint bei anderen Rechtsformen ein deutlicher Unterschied zwischen der Zahl überfälliger Rechnungen und ihrem Volumen.
So schlägt sich der Gewerbebetrieb gut, wenn es um das Betragsvolumen der überfälligen Rechnungen geht (3,68 Prozent) – weniger gut sieht es jedoch bei der Zahl der Rechnungen mit 13,05 Prozent aus. Umgekehrt ist die Situation bei der AG: Die überfälligen Rechnungen bei dieser Rechtsform schlagen mit 12,32 Prozent beim Volumen zu Buche, es handelt sich aber nur um 6,9 Prozent aller Rechnungen dieser Rechtsform, die überfällig sind.
Zahlungsverzug nach Unternehmensgröße
Auch die Unternehmensgröße spielt für das Zahlungsverhalten bzw. den Zahlungsverzug eine wesentliche Rolle. So sind fast 80 Prozent der offenen Rechnungen in Deutschland durch kleine Unternehmen im Verzug (77,29 Prozent). Mittlere (13,85 Prozent) und große Unternehmen (8,86 Prozent) verzeichnen wesentlich kleinere Anteile bei den überfälligen Betrieben. Bei den Belegen sieht die Verteilung auf die drei Unternehmensgrößenklassen ähnlich aus, weist aber einen entscheidenden Unterschied auf: Den Löwenanteil der Belege steuern zwar kleine Unternehmen mit 47,67 Prozent bei, die großen Unternehmen folgen aber sehr viel dichter auf und weisen 34,96 Prozent überfällige Rechnungen auf. Mittelgroße Betriebe zeigen wie die Großunternehmen einen stärkeren Anteil überfälliger Belege in der Größenklasse aus (17,37 Prozent), als es ihrem Anteil an den Unternehmen im Verzug entspricht.
Überfälliges Rechnungsvolumen und Unternehmensgröße
Mit einem Gesamtbetrag von 1,1 Mrd. Euro ist das Gesamtvolumen der Überfälligkeit, das große Unternehmen erreichen, deutlich höher als das der kleinen (453 Mio. Euro) oder der mittleren Betriebe (332 Mio. Euro). Zu prüfen wäre angesichts dieser Höhe – bei einer relativ kleineren Anzahl von Unternehmen in dieser Größenklasse –, ob große Unternehmen eher Zahlungsverzüge bei der Rechnungsbegleichung in Kauf nehmen
Insolvenzquote und Überfälligkeit nach Branchen
Der Zahlungsverzug kann das erste Indiz für einen vorgezeichneten Weg zur Insolvenz sein. Es kann sich aber auch um ein Ausschöpfen von Zahlungszielen handeln, dem alle Mittel zur Gewinnung von Liquidität recht sind.
Die blaue Linie im Chart setzt den Zahlungsverzug in Tagen in eine Beziehung zu der relativen Zahl von Insolvenzen in der ausgewiesenen Branche. Dabei gilt über die Wirtschaftsbereiche hinweg: In Deutschland ist es entsprechend der Verbesserung bei der Überfälligkeit von durchschnittlich 13,50 auf 13,07 Tagen auch zu einer besseren Insolvenzfestigkeit von 74 auf 68 insolvenzbetroffene Unternehmen je 10.000 existierender Betriebe gekommen. Eine geringere Insolvenzanfälligkeit, die sich auch in der rückläufigen Zahl von Pleiten binnen Jahresfrist zwischen 2014 und 2015 zeigt.
Doch erweisen sich bei der Betrachtung der einzelnen Branchen starke Unterschiede, die sich sehr viel ausgeprägter als das Zahlungsverhalten darstellen. So kommen im Transportbereich 106 Zusammenbrüche auf 10.000 Betriebe, in der Grundstoffindustrie sind nur 16 Pleiten auf 10.000 zu zählen. Beim Großhandel (90 Insolvenzen) und beim Metall- und Elektroproduktionsbereich (88 Insolvenzen) steht eine hohe Insolvenzdichte einem vergleichsweise guten Zahlungsverhalten gegenüber (12,07 bzw. 11,58 Tage). Allerdings korrespondiert beim Baugewerbe und bei Verkehr/Logistik eine hohe Überfälligkeit (15,23 bzw. 14,46 Tage) mit einer starken Insolvenzbetroffenheit (95 bzw. 130 Pleiten pro 10.000 Unternehmen der Branche).
Datenbasis Creditreform Zahlungsindikator Deutschland
• Zu rund 900.000 Firmen liegen Zahlungsinformationen aus DRD vor.
• Ein Belegvolumen von € 45 Mrd. zu 1.161 Branchen wird in Deutschland analysiert.
• monatlich über 6 Mio. neue Zahlungsinformationen