Interview mit Dr. Björn Six, Leiter der Business Unit Protection & Monitoring bei Weidmüller Interface GmbH & Co. KG.
Herr Dr. Six, wie entstand die Idee für Ihre Maßnahmen zum effizienteren Einsatz von Energie? Was waren die Hauptmotivatoren, das Projekt anzugehen?
Dr. Six: Bei Weidmüller steht das Thema Nachhaltigkeit in den Aspekten Wirtschaft, Umwelt und Soziales seit den 70er Jahren auf der Agenda. Dabei haben wir seit jeher eine Doppelrolle – wir sind Anwender wie auch Anbieter von Lösungen, die aus unseren Erfahrungen in der Anwendung gewachsen sind. Das bezieht sich sowohl auf Industrie 4.0 Lösungen als auch Energiemanagementlösungen, welche wir als Teil der großen Veränderungen im Rahmen von Industrie 4.0 begreifen.
Wir haben daher schon lange vor der Energiewende diverse Maßnahmen zum Thema Energieeffizienz durchgeführt, angefangen bei der Wärmedämmung einzelner Hallen bis hin zur Senkung des Energieverbrauchs in der Produktion. Dabei kristallisierte sich heraus, dass wir zunächst die Verbräuche messen müssen. Dazu haben wir von Anfang an Komponenten aus unserem Haus genutzt. Diese waren der Ausgangspunkt für die Suche nach möglichen Partnern für die Entwicklung einer ganzheitlichen Lösung, die aus Hardware, Software und Beratungsleistungen bestehen sollte. Andere produzierende Unternehmen sollten dann von unserer Lösung profi tieren.
Was genau beinhalten die Maßnahmen zur Energieeffizienz?
Dr. Six: Unser Alleinstellungsmerkmal ist, dass wir ein Komplettpaket zum Energiemanagement aus einer Hand anbieten. Mit unserer Lösung bringen wir in erster Linie Transparenz in die Energieströme und betrachten die Verbräuche in der Produktion auf unterschiedlichen Messebenen. D.h. wir messen zunächst die gesamten Stromfl üsse auf hoher Flughöhe, wie Verbrauch Beleuchtung, Kühlung und Produktion und bewegen uns dann eine Ebene tiefer auf den Maschinenbereich, wo wir die Verbräuche der einzelnen Maschinen nachverfolgen und visualisieren. Schließlich bewegen wir uns noch eine Messebene tiefer auf die Komponentenebene. Hier messen wir die Verbräuche der unterschiedlichen Komponenten einer Maschine, wie Schneckenantrieb, Hydraulikpumpe und Kühlungspumpe.
Die Informationen werden also im Produktionsumfeld gesammelt und zentral und digitalisiert zur Verfügung gestellt, im Anschluss können aus den aufbereiteten und analysierten Daten entsprechende Strategien abgeleitet werden. Als Nächstes identifi zieren wir Einsparpotenziale und geben maßgeschneiderte Handlungsempfehlungen. Es lassen sich mit Hilfe der gewonnen Daten jedoch nicht nur Energieverbräuche transparent machen, sondern auch die Produktivität des Wertschöpfungsprozesses optimieren. So gesehen macht das Energiemanagement Industrie 4.0 für unsere Kunden erlebbar. Auf der HMI geben wir unseren Kunden und allen Interessierten die Möglichkeit sich, mit Hilfe eines passenden Demonstrators, selbst einen Eindruck zu verschaffen. Wir betrachten Energiemanagement als ersten Baustein für Industrie 4.0.
Wie erfolgten Planung und Umsetzung? Wer war involviert und welche Widerstände galt es zu überwinden?
Dr. Six: Wie so oft im Unternehmen hat man es mit verschiedenen Stakeholdern und Fachrichtungen zu tun, dabei spielt das Thema Energie für viele zunächst keine große Rolle, weil der Fokus auf der eigenen Tätigkeit liegt. Maschinenbauer beispielsweise haben andere Ansprüche und Vorstellungen als Betriebswirte. D.h. man muss die Leute abholen und ihnen den konkreten Mehrwert aufzeigen. Die Herausforderung besteht darin, die Vorteile für die Mitarbeiter mit entsprechenden Anreizen zu verdeutlichen. Eine große Chance besteht derzeit darin, dass das Thema Energieeffizienz in aller Munde ist – vor allem in den Medien. Dies führt auch dazu, dass das Bewusstsein für diese Thematik auch auf der Ebene der Geschäftsführung stark gewachsen ist. Letztlich sind hier nicht nur die erreichbaren Einsparmöglichkeiten überzeugend. Schließlich gewährleistet unser System einerseits eine hohe Qualität in der Produktion, während die einfache Installation unserer Plug-and-Play-Lösungen hilft, Ausfälle zu vermeiden. Von den Steuervergünstigungen durch die Einhaltung der ISO 50001 ganz zu schweigen.
Was sind ihre wichtigsten Erfahrungen aus den bisherigen Projekten?
Dr. Six: Wir sind noch relativ neu am Markt mit unseren Leistungen. Im ersten Jahr haben wir bereits sehr viele Erkenntnisse gewonnen, die wir derzeit in unsere Angebote einfl ießen lassen – insbesondere in Bezug auf unsere Software. Zudem ist das Thema Energiemanagement für die meisten Unternehmen mit langfristigen Strategien verknüpft, immerhin sprechen wir hier über größere Investitionsvolumina, für die die meisten Unternehmen größere Budgets einstellen müssen. Das heißt, für diese Art des Geschäftes muss man Geduld mitbringen. Zugleich gibt es viel Konkurrenz am Markt, größtenteils durch Ingenieursbüros und Softwareunternehmen, die nicht aus dem Produktionsumfeld stammen – hier haben wir als produzierendes Unternehmen auf Augenhöhe mit dem Kunden und mit unserer ganzheitlichen Lösung einen defi nitiven Wettbewerbsvorteil. Zudem gehen wir sehr genau auf die Zweifel und Probleme der Kunden ein.