Bielefeld. Die Anlageexperten des Wealth Management der Deutschen Bank (DeAWM) gehen für das zweite Halbjahr 2014 von einer „Goldilocks Economy“ aus. Pate für den Begriff der „Goldlöckchen Wirtschaft“ steht ein Märchen. Darin kostet Goldlöckchen von drei Schüsseln und stellt fest, dass die eine Schüssel zu heiß, die andere zu kalt und die dritte genau richtig ist.
In die Sprache der Ökonomen übersetzt, bedeutet dies: Die Weltwirtschaft hat genau die richtige Wachstumstemperatur – sie läuft weder heiß noch kühlt sie ab. Dadurch drohen weder Inflation noch Rezession. „Die sich beschleunigende Wirtschaftsentwicklung in den USA und im Euroraum sowie eine moderate Inflation gelten als ideales Umfeld für Unternehmensgewinne und damit für steigende Aktienkurse. Diese sollten ihren Aufwärtstrend an den Märkten langfristig fortsetzen können“, erläutert Matthias Scheffner, Mitglied der Geschäftsleitung der Deutschen Bank AG in Bielefeld und verantwortlich für das Geschäft mit vermögenden Kunden in der Region Ostwestfalen.
Gemischte Wirtschaftsdaten – Unterschiedliche Zinsniveaus
Die globale Konjunkturerholung bleibt intakt, auch wenn die wichtigsten Regionen der Weltwirtschaft seit Monaten gemischte Daten liefern. Angeführt wird der Aufschwung seit 2009 von den USA, gefolgt von Japan und dem Vereinigten Königreich. Der Euroraum gilt dagegen als Nachzügler, gewinnt aber jetzt an Fahrt. Das unterschiedlich starke Wachstum in den Regionen führt entsprechend zu gegensätzlichen Entwicklungen der Gelpolitik. Während die US-Notenbank Fed mit der langsamen, aber stetigen Reduzierung der Anleihekäufe den Fuß etwas vom geldpolitischen Gaspedal nimmt, setzt die japanische Zentralbank (BOJ) ihre Anleihekäufe unvermindert fort. Auch die Europäische Zentralbank (EZB) signalisierte mit ihren letzten geldpolitischen Beschlüssen eine eher expansivere Politik. „Während wir Zinserhöhungen der EZB und der Bank of Japan 2015 als eher unwahrscheinlich erachten, könnte die US-Notenbank dagegen bereits im dritten Quartal 2015 mit diesen starten“, betont Scheffner.
Anlagestrategie für das 2. Halbjahr 2014
Angesichts des skizzierten Goldlöckchen-Umfelds sind die DeAWMAnlageexperten optimistisch für die weitere Entwicklung an den Börsen. „Für das 2. Halbjahr sehe ich an den Kapitalmärkten nach wie vor Möglichkeiten für Anleger – es dürfte nur etwas schwerer fallen, sie zu finden“, so Matthias Scheffner. Ein ausgewogenes Modellportfolio für deutsche Investoren deckt weiterhin traditionelle liquide Anlageklassen wie Aktien, Anleihen und Rohstoffe ab.
Aktien:
Aktien bleiben strategisch weiter die bevorzugte Anlageklasse. Laut der DeAWMStrategen sind Aktien nach dem jüngsten Anstieg zwar nicht mehr ganz billig, aber angesichts niedriger Zinsen gebe es keine wirkliche Alternative. „Generell bevorzugen wir weiterhin Aktien und dabei die Aktienmärkte der Industrieländer gegenüber den Schwellenländerbörsen. Unter den entwickelten Märkten favorisieren wir insbesondere die USA und Europa“, stellt Scheffner fest. Die US-Konjunktur nimmt weiter Fahrt auf. Zwar habe die DeAWM seine Prognose aufgrund des harten Winters um 50 Basispunkte auf 2,3 Prozent leicht nach unten korrigiert, jedoch überzeugen US-Unternehmen mit einem stabilen Gewinnausblick. Zusätzlich sprechen faire Bewertungen sowie geringe Schwankungen der Indizes für ein Investment in den US-Markt. Scheffner sagt: „Anleger sollten Ihren Fokus auf Sektoren mit geringem Kurs- Gewinn-Verhältnis und zyklischem Charakter richten, wie etwa die IT-Branche. US-Technologieunternehmen verfügen über solide Bilanzen und eine hohe Preismacht. Der Sektor sollte außerdem von einem robusten globalen Wachstum und steigenden IT-Ausgaben in den Industrieländern profitieren. Interessant erscheinen außerdem US-Aktien aus den Sektoren Finanzdienstleistungen, Banken und Industrie.“ Die DeAWM-Anlageexperten gehen davon aus, dass sich in Europa konjunktursensible Aktien im zweiten Halbjahr besser entwickeln werden als defensive Titel. Diese zyklischen Aktientitel sollten vom anziehenden Wachstum der Weltwirtschaft sowie einem schwächeren Euro profitieren. Die Strategen raten zu europäischen Aktien aus den Branchen Auto, Bau, Chemie und Medien sowie zu Investments im Finanzsektor (Banken, Versicherer). Auch auf dem deutschen Aktienmarkt seien die Rahmenbedingungen für weitere Kursgewinne weiterhin gut. Innerhalb Europas würde der DAX mit einem relativ hohen Bewertungsabschlag gehandelt und habe noch Aufholpotenzial. Denn trotz der inzwischen erreichten Index Rekordstände von über 10.000 Punkten sieht Scheffner beim DAX weiteres Potenzial von ca. 10 Prozent für die kommenden 12 Monate. Insgesamt dürften auch DAX-Werte vom prognostizierten fallenden Euro und vom anziehenden Weltwirtschaftswachstum profitieren. Außerdem zeichne sich bei den Konzernen eine Stabilisierung bei den Gewinnrevisionen ab. Nicht zuletzt lohne ein Blick nach Asien. Hier habe sich die Grundstimmung der Anleger gedreht. Der Kursaufschwung sei seit Anfang des Jahres breit angelegt. So verzeichne der MSCI Emerging Markets seit Jahresbeginn ein Plus von 7 Prozent (unter der Annahme, dass Dividenden reinvestiert wurden). Sowohl die dortigen Schwellenländer als auch japanische Aktien blieben mit einem positiven Ausblick versehen.
Renten:
Bei sicheren Staatsanleihen aus den Industrieländern zeichnen sich unterschiedliche Entwicklungen ab. US-Treasuries sollten sich bis zum Jahresende stabil entwickeln und bei 3,0 Prozent rentieren. DeAWM rechnet damit, dass der leichte Zinsanstieg bei US-Staatsanleihen auch an den Bundesanleihen nicht vorbeigehen dürfte. Die niedrige Inflation und die langfristige expansive Geldpolitik der EZB rechtfertigten allerdings nur einen moderaten Renditeanstieg: „Wir gehen davon aus, dass sich die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen von derzeit 1,4 Prozent in Richtung 1,8 Prozent entwickelt“, ergänzt Matthias Scheffner. Eine interessante Portfolioergänzung böten Schwellenländeranleihen in lokaler Währung. „Aufgrund der vergleichsweise hohen laufenden Verzinsung von rund 6,5 Prozent, den insgesamt stabileren Schwellenländerwährungen, und der möglichen Wechselkurskomponente könnte sich für Anleger, die bereit sind, das entsprechende Währungsrisiko zu tragen, ein Staatsanleihen-Investment in lokaler Währung anbieten“, sagt Scheffner.
Rohstoffe:
Insgesamt rechnen die Experten von DeAWM im laufenden Jahr mit einem tendenziell geringen Preisanstieg für Rohstoffe. Klassische Edelmetalle wie Gold und Silber dürften 2014 weiteren Gegenwind bekommen: „Insbesondere eine erwartete US-Dollar-Stärke sowie der prognostizierte Zinsanstieg in den USA dürften den Goldpreis mittelfristig belasten. Dennoch können geopolitische Risiken wie derzeit in der Ukraine immer wieder zu Gegenbewegungen des Goldpreises nach oben führen. Insgesamt rechnen wir jedoch mit fallenden Notierungen und einem Kursziel von USD 1.300 zum Jahresende“, sagt Matthias Scheffner. „Grundsätzlich kommt eine Rohstoffbeimischung als Performancetreiber sowie aus Diversifikationsgründen des Portfolios in Betracht. In der empfohlenen Asset Allokation des Kernportfolios finden Rohstoffe aufgrund der in der Breite eher verhaltenen Entwicklungsaussichten derzeit aber kaum Berücksichtigung“, betont Scheffner.