Herausforderungen und Perspektiven künftiger Supply Chains meistern: Logistische Leistungen werden in Zukunft mehr als je zuvor grundlegende Voraussetzung für die wirtschaftliche Entwicklung von Gesellschaften darstellen. Angesichts sich ändernder Kräfteverhältnisse in der globalen Ökonomie, den Folgen des Klimawandels und zunehmender Ressourcenverknappung ist die Logistikindustrie bereits heute gezwungen, Innovationen hervorzubringen.
Dabei wird es nach Ansicht des Clubs of Logistics e.V. (Dortmund) vor allem auf ein intelligentes Kooperationsmanagement mit Kunden und Wettbewerbern ankommen, um nachhaltige Lösungen für die zu erwartenden Herausforderungen zu entwickeln.
Die gesamte Weltbevölkerung wächst bis 2030 auf mehr als acht Milliarden Menschen, die Weltwirtschaft nimmt jährlich um geschätzte drei Prozent zu. Dieses Wachstum ist jedoch ungleich verteilt. Auf die großen BRIC-Schwellenländer wird in den nächsten zwei Dekaden mehr als die Hälfte des globalen Wirtschaftswachstums entfallen. Sie werden auch einen Großteil der Menschen in der globalen Mittelklasse stellen. „Als Konsequenz entstehen neue Logistikströme sowohl von Ost nach West bzw. Süd nach Nord als auch innerhalb der Wachstumsregionen“, erwartet Arnold Schroven, Vorsitzender des Clubs of Logistics. Damit gehen immense Herausforderungen einher, weil der Ausbau der Infrastrukturen langsamer voranschreitet als das Wachstum.
Neue Handels- und Logistikströme sind auch durch die transatlantische Freihandelszone sowie das Wirtschaftswachstum in Afrika zu erwarten. Stärker als die Handelsströme zwischen den großen Wirtschaftsblöcken wachsen allerdings diejenigen innerhalb der Verbünde. „Ökonomen sehen in der Regionalisierung die nächste Stufe der Globalisierung“, betont Arnold Schroven. Dem zu Grunde liegt eine stärkere regionale Integration nach innen und neue Abschottungstendenzen nach außen. „Einfuhrbarrieren stellen in Zukunft eine zunehmende Herausforderung für die grenzüberschreitende Logistik dar“, so Schroven.
Nicht nur die Quantität der gehandelten Güter ist im Wandel begriffen, sondern auch deren Qualität. Mit der zunehmenden Individualisierung steigt die Nachfrage nach immer spezifischeren Produkten. Gleichzeitig entstehen im Konsumentensektor mit der höheren Verfügbarkeit des mobilen Internets erhöhte Ansprüchen an die Liefergeschwindigkeit. Diese Anforderungen stehen im Konflikt mit steigenden Energiepreisen und Lieferkosten. „Dies führt aller Voraussicht nach zu deutlich stärker differenzierten Supply Chains und dezentraleren Lager- und Verteilzentren“, erwartet Peter H. Voß, Geschäftsführer des Clubs of Logistics. Steigende Ressourcenpreise seien auf der anderen Seite aber auch eine Chance für die Logistik. „Wenn Stoffkreisläufe geschlossen werden und sich Reverse Logistics als Geschäftsfeld etabliert, verfügt die Logistikindustrie über neue Geschäftsfelder“, so Voß.
Die Komplexität der Supply Chains ist im Rahmen der Globalisierung massiv gestiegen. Dies liegt zum einen daran, dass sich die Anzahl und Vielfalt der Produkthersteller und Nachfrager deutlich erhöht hat. Zum anderen hat die Fragmentierung vieler Wertschöpfungsketten zugenommen. Das heißt, dass es pro fertigem Produkt zu mehr Lieferereignissen kommt. Da durch den erhöhten Wettbewerbsdruck die Produktion immer schlanker und effizienter organisiert werden muss, entstehen erhöhte Anforderungen an eine punktgenaue Logistik. Arnold Schroven: „Im Ergebnis ist in Zukunft eine noch stärkere Arbeitsteilung im Logistiksektor zu erwarten zwischen kapitalintensiven Unternehmen mit hohen Transport- und Lagerkapazitäten und globalen 4PL-Anbietern mit deutlich geringerer Kapitalbindung.“
Eine nicht unmaßgebliche Bedrohung für logistische Funktionen stellen die sich häufenden globalen Wetterextreme und Naturkatastrophen dar. „Wie schnell eine Ökonomie zu erschüttern ist, hat sich nach dem Tsunami an der japanischen Küste gezeigt“, erinnern Schroven und Voß. Durch Ausfälle japanischer Zulieferer kam es bei zahlreichen Automobilherstellern in Europa zu Produktionsstillständen. Die auf Effizienz getrimmten Lieferketten hatten sich als hochgradig störanfällig erwiesen. „Dass sich weitere Ausfälle ereignen, ist angesichts des Klimawandels sehr wahrscheinlich“, bedauert Voß. Präventive Maßnahmen im Rahmen eines Business Continuity Managements liegen nach Ansicht des Clubs of Logistics auch in der Verantwortung der Logistiker.