Düsseldorf. Rund 25 Prozent der NRW-Kommunen nehmen am Energiemanagement-Verfahren European Energy Award (EEA) teil und erschließen damit systematisch ihr Energieeinsparpotenzial. Klimaschutzminister Johannes Remmel zeichnete am 05.11. gemeinsam mit der EnergieAgentur.NRW nordrhein-westfälische Kommunen und Kreise mit dem European Energy Award aus, die sich besonders um Klimaschutz und Nachhaltigkeit bemüht haben.
21 Städte und Gemeinden sowie zwei Kreise erhielten in Düsseldorf die Auszeichnung – sieben davon den EEA in Gold. Insgesamt nehmen in NRW rund 115 Kommunen am kommunalen Energiemanagementverfahren EEA teil; das Verfahren und die Vergabe des Awards organisiert die EnergieAgentur.NRW.
„Der EEA ist ein europaweit anerkanntes Zertifikat für die kommunalen Klimaschutzaktivitäten. Umso erfreulicher ist es, dass nordrhein-westfälische Kommunen auf besondere Weise aktiv und erfolgreich sind. Rund ein Viertel der NRW-Kommunen nimmt inzwischen an diesem europaweiten Zertifizierungsverfahren teil, jeder fünfte Bürger und jede fünfte Bürgerin unseres Bundeslandes lebt in einer zertifizierten Kommune“, sagte Klimaschutzminister Remmel. Damit liege Nordrhein-Westfalen nicht nur im nationalen Vergleich noch vor den starken Südländern Bayern und Baden-Württemberg mit Vorsprung an der Spitze, sondern mische auch im europäischen Vergleich ganz vorne mit. Lediglich die Schweiz habe mehr Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufzuweisen.
Der Minister betonte, dass der European Energy Award ein bewährtes Instrument des Landes sei, um Städten und Gemeinden bei der systematischen Erschließung ihrer Einsparpotenziale zu helfen. „Kommunen sind wichtige Verbündete, wenn es darum geht, unsere Klimaschutzziele zu erreichen. Mit dem EEA geben wir ihnen Hilfe zur Umsetzung“, so der Minister weiter. Zudem verwies der Minister auf die ökonomischen Vorteile, die Kommunen winken, wenn sie erneuerbare Energien nutzen. „Eine Beispielrechnung des Instituts für ökologische Wirtschaftsforschung zur Wertschöpfung im Zuge der Installation einer 2-Megawatt-Windenergieanlage über 20 Jahre ergibt: Einschließlich des Einkommens durch Beschäftigung in der Kommune und von Gewinnen werden für die Kommune 2,2 Millionen Euro Wertschöpfung erwartet“, rechnet Remmel vor.
Der EEA wird in Nordrhein-Westfalen durch die EnergieAgentur.NRW koordiniert und durchgeführt. „Der European Energy Award ist ein Prozess. Einmal auditiert, müssen die Kommunen die Leistungen in regelmäßigen Abständen bestätigen. Schließlich ist der Klimaschutz eine Daueraufgabe“, erklärte Lothar Schneider, Geschäftsführer der EnergieAgentur.NRW.
Den European Energy Award erhält eine Kommune, wenn sie mindestens 50 Prozent bzw. 75 Prozent (für eine Gold-Auszeichnung) der geplanten Maßnahmen umgesetzt hat. Das sind dieses Mal: Stadt Beckum, Stadt Blomberg, Stadt Borgholzhausen, Stadt Bottrop (Gold), Stadt Duisburg, Stadt Dülmen, Stadt Düsseldorf (Gold), Stadt Essen, Stadt Gelsenkirchen, Stadt Greven (Gold), Kreis Gütersloh (Gold), Stadt Halle/Westfalen, Stadt Kerpen, Stadt Leverkusen, Stadt Löhne, Gemeinde Ostbevern (Gold), Stadt Rheda-Wiedenbrück, Stadt Rheine, Gemeinde Saerbeck (Gold), Stadt Sendenhorst, Stadt Solingen, Stadt Telgte, Kreis Warendorf (Gold).
Die Preisträger im Einzelnen:
Die Stadt Beckum engagiert sich seit Anfang der neunziger Jahre verstärkt im Bereich des lokalen Klimaschutzes. So wurde zum Ausbau der Windenenergie gemeinsam mit den landwirtschaftlichen Ortsverbänden das Projekt eines Bürgerwindparks Beckum entwickelt.
In Blomberg fallen neben diverser anderer umgesetzter Maßnahmen die Solarsparbriefe der Blomberger Versorgungsbetriebe ins Auge. Die Solarsparbriefe können von Blomberger Bürgerinnen und Bürgern erworben werden und finanzieren den weiteren Ausbau von Photovoltaikanlagen auf städtischen Dächern. Ein Solarkataster für alle Gebäude in Blomberg benennt zudem das jeweilige Solarpotential. Mit einer mobilen Photovoltaik-Demonstrationsanlage informiert man in Blomberg schon in Kindergärten über Solarstrom.
Borgholzhausen beeindruckt vor allem durch die Fülle seiner Maßnahmen: Die energetische Sanierung der Sporthallen, des Freibades und des Rathauses, der Bau einer Nahwärmeversorgung für sechs kommunale Einrichtungen auf Basis eines Holzhackschnitzelkessels, die Installation von über 1.000 m² Photovoltaikfläche zur anteiligen Deckung des eigenen Strombedarfs, die Umstellung auf eine energieeffiziente LED-Straßenbeleuchtung.
Bottrop verfügt über ausformulierte und auf Potenzialstudien und korrespondierende fortschreibbare Bilanzierungen gestützte Energie-, Klimaschutz-, Klimaanpassungs- und Verkehrsplanungen. Ein Ankerprojekt des InnovationCity Ruhr-Prozesses ist die Eröffnung des Zentrums für Information und Beratung in 2011. Bereits ein Jahr zuvor ist das Kundenzentrum Bauen im Rathausnebengebäude als zentrale Anlaufstelle für Bauherren eingeweiht worden.
Schon 2002 startete Duisburg das Projekt „Energiesparen an Duisburger Schulen“. 94 Schulen nehmen heute an dem Projekt teil, bis Ende 2012 konnten Energiekosten in Höhe von knapp einer Million Euro eingespart werden. Das Projekt ÖKOPROFIT geht hier bereits in die dritte Runde. Seit 2010 haben 25 Betriebe teilgenommen und rund 5.117 Tonnen CO2 eingespart.
In Düsseldorf ist der Bau eines hocheffizienten Gas- und Dampfturbinenkraftwerks wesentlicher Pfeiler der Klimaschutzbemühungen. Der elektrische Wirkungsgrad wird rund 61 Prozent betragen, das wäre ein Weltrekord. Mit der Inbetriebnahme 2016 geht ein kontinuierlicher Ausbau der Fernwärme einher, was den Gesamtwirkungsgrad auf bis zu 85 Prozent steigern wird.
Die Stadt Dülmen hat sich die Verbesserung der Energieeffizienz in den städtischen Liegenschaften zur Aufgabe gemacht. So wurden Lüftungsgeräte mit Wärmerückgewinnung und Wärmepumpen zur Versorgung einer Ausgabeküche und Spülküche installiert.
Essen macht im Klimaschutz mobil: Unter dem Dach der klima|werk|stadt|essen werden die mehr als 130 Maßnahmen und Aktivitäten der Stadt gebündelt, um der Herausforderung durch Austausch von Wissen und Ideen sowie durch Kooperation der gesellschaftlichen Kräfte über alle Ebenen hinweg gemeinsam zu begegnen.
Die „Solar-Stadt“ Gelsenkirchen zählt inzwischen vier Solar- und Klimaschutzsiedlungen innerhalb des Stadtgebietes. Zudem laufen erfolgreich Kooperationsprojekte mit Handwerk und Wirtschaft wie „ALTBAUNEU® – Serviceplattform Altbausanierung“, solarGEdacht und ÖKOPROFIT.
Im Rahmen des EEA-Prozesses wurden in Greven auf den Dachflächen kommunaler Gebäude 20 Photovoltaikanlagen mit einer Gesamtleistung von 633 Kilowattpeak errichtet. Das Grevener Marienschulzentrum wird zudem seit 2012 mit Nahwärme aus einem mit Biogas betriebenen Blockheizkraftwerk versorgt.
Bereits Mitte der 90er Jahre wurden im Kreis Gütersloh mit einem CO2-Minderungsprogramm die Weichen für die Umsetzung wirkungsvoller Sparmaßnahmen gestellt. Der Energieverbrauch der kreiseigenen Gebäude konnte so seit 1998 bereits um 29 Prozent gesenkt werden. Mit Hilfe der Energieberatungsinitiative ALTBAUNEU® unterstützt der Kreis Hausbesitzer bei der Sanierung der eigenen vier Wände.
In Halle (Westfalen) gibt es starke Impulse für mehr Energieeffizienz der Bürger, indem Stadt und Kreis die Sanierung alter Häuser fördern, den Umstieg auf Erdgas- und Elektroautos sowie den Kauf energiesparender Haushaltsgroßgeräte. Für neue Wohn- und Gewerbegebiete werden Kraft-Wärme-Kopplungs-Potenziale ermittelt.
In Kerpen sticht aus der Reihe der umgesetzten Energieeffizienzmaßnahmen der „Grüne Bahnhof“ hervor. Der Stadt ist es gelungen, die Deutsche Bahn für einen Neubau des Bahnhofsgebäudes in Kerpen-Horrem zu gewinnen. Es entsteht ein so genannter „Grüner Bahnhof“ mit einem Investitionsvolumen von über zwei Millionen Euro. „Grün“ bedeutet eine CO2-neutrale Gesamtanlage, einschließlich Baustoffe, Photovoltaik, aktive/passive Solarenergie, standortabhängige Erzeugung von Wärm-/ Kälteversorgung, Einsatz von Geothermie, LED-Technik und Öko-Strom.
In Leverkusen funktioniert die Kooperation zwischen kleinen und mittleren Unternehmen sowie der Kommune vorbildlich: Auf diese Weise ist ein lokales Netzwerk entstanden, zu dessen Erfolgen auch die zehn Unternehmen gehören, die 2013 am Projekt ÖKOPROFIT teilgenommen haben.
Bereits 2009 realisierte Löhne mit der Sanierung am Gymnasium das erste kommunale Gebäude im Passivhausstandard. Über die Region hinaus Modellcharakter hat das Rathaus, das durch die energetische Sanierung auf Passivhausstandard bei einem Bestandsgebäude überregional und sogar international beispiellos ist.
Aus der ganzheitlichen Energieanalyse aller Gemeindeobjekte in Ostbevern wurden Folgemaßnahmen abgeleitet, durch deren Umsetzung der CO2-Ausstoß der kommunalen Gebäude bis heute um ca. 75 Prozent reduziert werden konnte. Erheblichen Anteil daran hatten die Nutzung der Abwärme einer Biogasanlage zur Versorgung des Nahwärmenetzes der Gemeinde sowie die Umstellung auf 100 Prozent Ökostrom zur Versorgung der kommunalen Liegenschaften.
In Rheda-Wiedenbrück fahren die städtischen Hausmeister mit drei Elektroautos. Zudem wurde eine Bürgerenergiegenossenschaft gegründet. Durch Errichtung und Betrieb von Windrädern soll der Anteil erneuerbarer Energien deutlich erhöht werden. Diesem Ziel dient auch das Anfang 2013 installierte Solardachkataster mit vielfältigen Recherchemöglichkeiten.
Die Stadtwerke Rheine haben sich – im Verbund mit anderen Stadtwerken – ein klares Ziel gesetzt: Kunden mit Strom zu beliefern, der direkt aus der Region kommt. Deshalb wird „Unser Landstrom“ angeboten, Strom, der in der Region erzeugt wird. Zudem haben Kunden der Stadtwerke Rheine die Möglichkeit, ihren Gasverbrauch klimaneutral zu gestalten, indem sie „proRheineGas Klima“ beziehen. Die durch den Erdgasverbrauch verursachten CO2-Emissionen werden durch Klimaschutzprojekte kompensiert.
In Saerbeck entsteht auf dem Gelände eines ehemaligen Munitionsdepots ein Kraftwerk bestehend aus sieben Windenergieanlagen, zwei Biogasanlagen, einer Kompostierungsanlage und einer Photovoltaik-Freiflächenanlage. Mit Inbetriebnahme der Windenergieanlagen im Herbst dieses Jahres hat die Gemeinde das Ziel der Eigenversorgung mit regenerativen Energien erreicht. Zeitgleich wird ein Speicherprojekt zur Speicherung des regenerativen Stroms entwickelt. Damit werden die 29 Megawatt Leistung aus erneuerbaren Energien aus dem Bioenergiepark zukunftsweisend genutzt.
Im Rahmen des EEA-Prozesses hat Sendenhorst den Anteil an regenerativer Stromerzeugung auf dem Stadtgebiet auf aktuell rund 75 Prozent des gesamten Strombedarfs im Stadtgebiet erhöht. Die 2011 gegründete Bürgerenergiegenossenschaft Sendenhorst-Albersloh (BESA) wird in Kürze ihr erstes Bürgerwindrad umsetzen.
Die Stadt Solingen hat einen Teil der Straßenbeleuchtung auf energiesparende LED-Technik umgerüstet und eine große Schule durch Umbau auf den Standard für Neubauten entsprechend der Energieeinsparverordnung gebracht. Gebäudeeigentümer können sich zudem in Solingen mit Hilfe eines Solarkatasters darüber informieren, ob ihre Immobilie für die Nutzung von Sonnenenergie geeignet ist.
Die Beheizung des Verwaltungsgebäudes in Telgte wurde von einer herkömmlichen Gasheizung auf eine Holzpellet-Heizung umgestellt. Darüber hinaus nimmt Telgte gemeinsam mit Ostbevern am Projekt „KWK Modellkommune“ des Landes NRW teil.
In den zurückliegenden zwei Jahrzehnten hat der Kreis Warendorf den CO2-Ausstoß der kreiseigenen Liegenschaften um 55 Prozent reduziert. Das entspricht einer jährlichen Einsparung von etwa 3.000 Tonnen CO2.