Unter diesem Titel hat die Commerzbank-Mittelstandsinitiative „UnternehmerPerspektiven“ im Rahmen ihrer neuesten Studie bundesweit 4.000 Inhaber und Geschäftsführer aus dem Mittelstand befragt, darunter 227 aus dem Raum Bielefeld. Außerdem zählten zum Kreis der Befragten Verantwortliche an Auslandsstandorten deutscher Unternehmen sowie Wirtschaftswissenschaftler an deutschen Universitäten.
Hans-Jürgen Stricker ist Vorsitzender der Geschäftsleitung Westfalen-Lippe-Ems und zuständig für das Mittelstandsgeschäft der Commerzbank AG im Raum Bielefeld. Im Interview mit der WIR erläutert er die Kernergebnisse der Studie für die Region.
WIR: Im Rahmen Ihrer Studie wurden auch 227 Unternehmer aus der Region Bielefeld befragt. Wie werden die Folgen der Eurokrise auf die konjunkturelle Entwicklung von der mittelständischen Wirtschaft eingeschätzt?
Hans-Jürgen Stricker: Die Verunsicherung in der Wirtschaft aufgrund der Eurokrise ist groß. Die Ergebnisse der Studie zeigen deutlich, dass der Mittelstand aus dem Raum Bielefeld mit massiven politischen Folgen der Eurokrise rechnet. 46 Prozent der Befragten rechnen mittelfristig mit der Insolvenz einzelner Euro-Staaten, immerhin 15 Prozent mit einem Auseinanderbrechen der Eurozone in den nächsten drei bis fünf Jahren. Von einer schwachen konjunkturellen Entwicklung, Finanzierungsproblemen und einer schwankenden Nachfrage wird ebenfalls ausgegangen.
WIR: Heißt das, dass sich die deutsche Volkswirtschaft auf die Grenzen des Wachstums einstellen muss?
Hans-Jürgen Stricker: Davon gehen zumindest momentan über 80 Prozent der Mittelständler aus. Die schlechten Wachstumsprognosen waren ein wesentlicher Grund für die Durchführung der Studie. Wir wollten ermitteln, inwieweit sich die Unternehmen bereits internationalisieren, um sich ausländische Märkte zu erschließen und wo noch ungenutzte Potenziale schlummern. Dabei hat sich gezeigt, dass der Export nach wie vor als Erfolgsfaktor gilt. Hier ist der Bielefelder Mittelstand gut aufgestellt. Etwa die Hälfte exportiert ins Ausland.
WIR: Wo sehen Sie die Wettbewerbsvorteile für ein Unternehmen durch eine Internationalisierung?
Hans-Jürgen Stricker: Wer im Ausland einkauft oder produziert, nutzt Vorteile für seine Preis- und Angebotsgestaltung. Knapp die Hälfte der mittelständischen Unternehmen aus Bielefeld und Umgebung beschafft Produkte oder Dienstleistungen aus dem Ausland. Die Beschaffungsmärkte liegen häufig in den BRIC-Staaten und weiteren Schwellenländern. Jedes vierte Unternehmen aus Bielefeld produziert bereits selbst im Ausland. Damit wird Global Sourcing zum Regelfall. Made in Germany und Managed in Germany werden von internationalen Kunden hoch geschätzt und bleiben für deutsche Unternehmen wichtige Erfolgsfaktoren.
WIR: Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass bei der Aufnahme neuer Auslandsgeschäfte jedoch eher Zurückhaltung herrscht, da viele Unternehmen die Rahmenbedingungen für schwierig halten. 2007 waren es noch 23, jetzt sind es nur noch 9 Prozent.
Hans-Jürgen Stricker: Der typische Weg, erst in den EU-Nachbarländern zu wachsen und dann die Internationalisierung in weiter entfernten Märkten voranzutreiben, ist durch die schlechte Konjunktur im Euroraum derzeit verschlossen. Gegenüber 2007 gibt es zwar weniger Unternehmen mit Niederlassungen im Ausland, dafür aber deutlich mehr Firmen mit langfristigen Kooperationen. Die stärkere Vernetzung mit dem Ausland führt dazu, dass der Mittelstand aus der Gegend um Bielefeld zunehmend Märkte jenseits Europas erobert. Immerhin setzen zwei Drittel der international tätigen Unternehmen auch jenseits der etablierten Märkte ab.
WIR: Am Schritt ins Ausland führt langfristig für mittelständische Unternehmen also kein Weg vorbei?
Hans-Jürgen Stricker: Nein, daher kommt es mehr als je zuvor für Mittelständler darauf an, gut zu planen, sich zu vernetzen und Beratung bei anderen Unternehmern, bei Verbänden, Kammern und natürlich auch bei uns Banken einzuholen. Dann gelingt dieser Schritt sicher und erfolgreich.
Mehr Infos zur aktuellen Mittelstandsstudie: www.unternehmerperspektiven.de