Dakhla (dapd). Dakhla, Westsahara, knapp 2.000 Kilometer südlich der Meerenge von Gibraltar. Dank riesiger Grundwasservorkommen gedeihen unter der ergiebigen Wüstensonne Früchte und Gemüse auch dann, wenn es weiter nördlich in Agadir, in Spanien oder Südfrankreich schon wieder oder immer noch zu kühl ist. Hier bauen Landwirtschaftskonzerne in riesigen Gemüsefabriken Tomaten und Charentais-Melonen an – und die landen auch in den Einkaufskörben der Kunden großer Einzelhandelsunternehmen in Europa. Die Käufer wissen dabei meist nichts von den blutigen Auseinandersetzungen, die im Anbaugebiet ausgetragen werden. Afrikas letzte Kolonie Denn die Westsahara ist ein vergessenes Konfliktgebiet. Seit bald 40 Jahren schwelt ein Streit um die 266.000 Quadratkilometer Wüste. Für die Besatzungsmacht Marokko gehört die Westsahara zu ihrem Territorium. Viele der indigenen Sahraouis hingegen unterstützen die Befreiungsfront Polisario, die – wie in zahlreichen Resolutionen der Vereinten Nationen (UNO) vorgesehen – auf einem Referendum über die Unabhängigkeit beharrt. Immer wieder fließt Blut auf beiden Seiten. Marokkos Anspruch wird von keinem Land der Welt anerkannt. Die UNO sieht die Westsahara als letztes nicht-entkolonisiertes Gebiet Afrikas. Eine Abstimmung über die Unabhängigkeit wird auch deshalb immer unwahrscheinlicher, weil Marokko durch seine Wirtschaftspolitik Fakten schafft: Hunderttausende Siedler hat die Regierung mit der Aussicht auf günstigen Wohnraum, Arbeitsplätze und höhere Löhne aus dem Kernland nach Süden gelockt. Subventionen, ein teurer Sicherheitsapparat sowie Steuergeschenke für Investoren: Für den marokkanischen Staat ist die Besetzung der Westsahara ein Minusgeschäft. Doch den großen Unternehmen – darunter auch jene der Königsfamilie – füllen Fischerei, Phosphatabbau und die Hors-Sol-Landwirtschaft (Treibhauskultur auf Substraten) die Kassen. Die grüne Industrie ist der aufstrebende Wirtschaftszweig in der Wüste. Laut den aktuellsten Zahlen von 2010 produzierten die Anlagen um Dakhla rund 60.000 Tonnen Tomaten. Und Marokko treibt das Geschäft im Eiltempo voran. Dieses Jahr sollen bereits 116.000 Tonnen Tomaten im Wert von 130 Millionen Euro Dakhla in Richtung Norden verlassen, für 2020 sieht der Plan der Regierung knapp 200.000 Tonnen vor. Herkunft wird verschleiert Tatsächlich sind die Konflikttomaten nicht leicht als solche zu erkennen. Bereits in den Industriezonen des Badeortes Agadir, 1.200 Kilometer nördlich von Dakhla, wandern sie in den Abpackstationen der Großunternehmen in eingeschweißte Plastikkörbchen mit dem Aufdruck Marokko. Wenn die Tomaten noch einmal Tausende Kilometer weiter nördlich die Grenze passieren, zeugt auf den ersten Blick nichts mehr von ihrer wahren Herkunft. Dass in Agadir Früchte und Gemüse aus den Treibhäusern im besetzten Gebiet verpackt werden, bestätigt ein leitender Angestellter der französisch-marokkanischen Firma Idyl. Und: „Von hier aus beliefern wir auch die Schweiz, wo wir mit Migros und Coop arbeiten.“ Die Schweiz importierte laut Staatssekretariat für Wirtschaft 2012 für rund 30 Millionen Franken Früchte und Gemüse aus Marokko – zum größten Teil Tomaten. Von Waren aus Afrikas letzter Kolonie weiß man in Bern allerdings nichts: Am Schweizer Zoll habe man „in den letzten Jahren keine Importe aus der Westsahara registriert“, richtet das Staatssekretariat aus. Migros weiß offenbar genau, welche Tomate oder Melone wo gewachsen ist. Der größte Schweizer Einzelhändler, die von den französisch-marokkanischen Firmen Idyl und Azura beliefert wird, will jedenfalls „zukünftig diese Produkte aus der Westsahara nicht mehr mit Marokko deklarieren, sondern entsprechend kennzeichnen.“ Doch das Problem betrifft nicht nur die Schweiz. Ob andere europäische Einzelhändler folgen werden, ist noch offen. UNO überwacht Waffenstillstand Der Konflikt um die Westsahara begann in den letzten Jahren der spanischen Kolonialherrschaft Mitte der 70er Jahre. Marokko sieht das Gebiet als integralen Bestandteil seines Territoriums. Die Befreiungsfront Polisario will einen unabhängigen Staat. Ein seit 1991 geltender Waffenstillstand wird von der UNO überwacht. Ein Referendum, in dem sich die Bevölkerung zwischen einem Anschluss an Marokko oder einem eigenen Staat entscheiden soll, wird seit Jahrzehnten durch die Frage verhindert, wer zum Urnengang zugelassen wird. dapd (Politik/Politik)
Saftiges aus der Sahara
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Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen