Berlin (dapd). Am Karfreitag haben Geistliche der katholischen und der evangelischen Kirche in Deutschland die Gläubigen zu mehr gegenseitiger Anteilnahme und zur Auseinandersetzung mit schwierigen Lebenssituationen aufgerufen. In zahlreichen Städten gedachten Christen mit Prozessionen den Leiden von Jesus Christus. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, erklärte, der Karfreitag fordere Menschen heraus, sich „den Fragen nach Leid, Not, Unrecht und Tod zu stellen und nach dem Sinn des Ganzen zu fragen“. Auf der Internetseite der Deutschen Bischofskonferenz schrieb er, in vielen Bereichen der „auf Hochglanz“ polierten Gesellschaft sei es lohnenswert, sich „von diesen Fragen treffen, ja erschüttern zu lassen“. Wer sich von der Frage nach Leid, Not und Tod herausfordern lasse, für den werde der Karfreitag zum Tag der Entscheidung. „Der darf hoffen, dass die vielen unschuldig Getöteten der Geschichte, die Opfer menschlicher Unbarmherzigkeit nicht einfach untergehen, nicht im Nichts versinken.“ Der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick warnte in seiner Predigt vor aktiver Sterbehilfe. Die Kirche sei stattdessen für einen „guten Tod“ durch „aktive Sterbebegleitung“ durch Angehörige, Ärzte und Pflegepersonal. Das Verlangen kranker Menschen nach Sterbehilfe sei oft Ausdruck des Misstrauens und des Zweifels gegenüber den Mitmenschen, ob sie das Beste für einen wollen. Viele Menschen hätten Angst davor, ein Pflegefall zu werden und dann ihren Verwandten zur Last zu fallen. Durch legale Sterbehilfe würde auch der Druck auf Alte und Kranke steigen, „sich selbst zu entsorgen“, warnte der Erzbischof. Die katholische Kirche kämpfe daher gegen die in den vergangenen Monaten diskutierte Gesetzesänderung, wonach nur die geschäftsmäßige Sterbehilfe verboten werden soll. In der Wohlstandsgesellschaft vereinsamt der Leidende schnell Der Münchner Kardinal Reinhard Marx sagte, der Kreuzestod Jesu sei Voraussetzung ist für eine Verbesserung der Lebensverhältnisse und für die Erlösung des Menschen. „Die Rettung der Welt geschieht nicht durch den sozialen Fortschritt oder durch politische Reformen, sondern durch das Handeln Gottes, der am Kreuz seines Sohnes den Durchbruch in eine neue Lebensmöglichkeit eröffnet“, sagte der Erzbischof von München und Freising in seiner Predigt. Aus dieser Erfahrung komme die Kraft zum Einsatz „für eine gerechtere Welt, für eine Zivilisation des Lebens und eine Kultur der Barmherzigkeit und Liebe“. Der Bischof der evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, forderte mehr Anteilnahme für Verfolgte und Notleidende: „Wir wissen genau, dass Menschen auf dieser Welt an Hunger sterben. Wir wissen, dass Menschen aus politischen und religiösen Gründen verfolgt und getötet werden“, sagte Dröge am Karfreitag in seiner Predigt in der Berliner Marienkirche. Dennoch fehle es oft an Kraft und Mut, „wirklich hinzusehen“. Zu schnell komme das „Gefühl der Ohnmacht und Hilflosigkeit auf, wenn wir zu genau hinschauen“. Auch in der Wohlstandsgesellschaft, die den „Spaßfaktor hoch wertet“ und Probleme ignoriere, werde ein leidender Mensch schnell einsam, beklagte der Bischof. Der Vorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider, rief die politisch Verantwortlichen zum fairen Umgang miteinander auf. „Viele Menschen haben das gegenseitige Niedermachen um billiger Triumphe willen satt“, sagte Schneider in Hannover. Sie sehnten sich danach, dass Konflikte „klar in der Sache, aber fair im Umgang“ ausgetragen werden. Auch mit Blick auf gesellschaftliche Konflikte gelte das Gebot gegenseitiger Barmherzigkeit, betonte der EKD-Ratsvorsitzende. dapd (Politik/Politik)
Karfreitagsbotschaften: Christen sollen sich erschüttern lassen
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Peer-Michael Preß
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