Bonn (dapd). Dreieinhalb Jahre nach einem Luftangriff der NATO-Einsatzkräfte im afghanischen Kundus fordern zwei mutmaßliche Angehörige ziviler Opfer Entschädigung von der Bundesrepublik. Kläger im ersten Zivilprozess zu der umstrittenen Militäraktion, der am Mittwoch vor dem Landgericht Bonn begann, sind ein Vater zweier mutmaßlich bei der Bombardierung getöteter Kinder sowie eine Mutter von sechs Kindern, die ihren Mann bei dem Angriff verloren haben soll. Zum Prozessauftakt wies die Kammer die Klage nicht wie vom Verteidigungsministerium beantragt ab, sondern schätzte sie im Gegenteil als nicht aussichtslos ein. Zunächst sei aber zu klären, ob die vorgetragenen Angaben stimmten. Die Kläger sollen nach dem Willen ihrer Anwälte zu einem späteren Zeitpunkt als Zeugen geladen werden. Sie verlangen die Zahlung eines Schmerzensgeldes von 40.000 Euro sowie 50.000 Euro Entschädigung. Das Gericht verwies aber darauf, dass die deutsche Rechtsprechung kein „Trauerschmerzensgeld“ für den Verlust eines Angehörigen vorsehe. Die Bundesrepublik macht geltend, dass die deutsche Gerichtsbarkeit für die Klage nicht zuständig sei. Auf einen von der Kammer angeregten Vergleich oder die Zahlung einer Summe an eine Stiftung für humanitäre Zwecke wollten sich die Rechtsvertreter des Landes zum Prozessauftakt nicht einlassen. Verstoß gegen das Völkerrecht? Zur Feststellung möglicher Ansprüche will sich das Gericht auf drei Punkte konzentrieren: So sei zunächst zu klären, ob die Kläger tatsächlich auch Angehörige der mutmaßlichen Opfer seien, sagte der Vorsitzende Richter Heinz Sonnenberger. Dann gehe es um die Frage, ob der Angriff – wie von den Klägern angeführt – gegen das Völkerrecht verstoßen habe. Vor diesem Hintergrund sei festzustellen, ob der Angriff mit Blick auf die Gefährdung von Zivilisten verhältnismäßig gewesen sei und hätte angeordnet werden dürfen. Die Verhandlung findet in Bonn statt, weil das Bundesverteidigungsministerium hier seinen Sitz hat. Die Anwälte der Kläger sehen die Bundeswehr klar in der Verantwortung für die Entscheidung für den von einem deutschen Oberst angeordneten Angriff. Bei dem Luftangriff vom 3. September 2009 hatten zwei US-Kampfflugzeuge zwei von den Taliban entführte Tanklastwagen bombardiert. Dabei starben mehr als 100 Menschen, unter ihnen viele Zivilisten. Über deren konkrete Zahl gibt es keine genauen Angaben. Das Verfahren wird am 14. April fortgesetzt. Auch dann ist dem Gericht zufolge noch nicht mit einer Entscheidung zu rechnen. dapd (Politik/Politik)
Angehörige der Opfer von Kundus-Luftangriff wollen Entschädigung
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Peer-Michael Preß
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