Am 12.12.2012 wurde das Jahressteuergesetz 2013 im Vermittlungsausschuss beraten. Abgelehnt wurde dort unter anderem die Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit der Schweiz. Geeinigt hatte man sich aber über Änderungen im Unternehmenssteuerrecht, u.a. über die Verdopplung des Verlustrücktrags und die Vereinfachung der Durchführung eines Gewinnabführungsvertrags. Zu diesem Paket gehörten auch die Änderungen für Personengesellschaften und Betriebsstätten in § 1 AStG, die unten näher dargestellt werden.
Das Gesetz ist aber nicht zustande gekommen, weil die Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses nicht rechtzeitig an den Bundestag und den Bundesrat weitergeleitet wurde. Deshalb konnte das Gesetz in den Sitzungen am 14.12.2012 nicht behandelt werden. Eine Einigung über eine mögliche Fristveränderung konnte nicht erzielen werden. Damit kann die Beschlussfassung zu den Empfehlungen des Vermittlungsausschusses frühestens in der ersten Bundestags-Sitzungswoche 2013 erfolgen.
Im Rahmen des JStG 2013 sollte zum einen durch die Einfügung eines neuen § 1 Abs. 1 S. 2 AStG-E (Entwurf) die Geltung der Verrechnungspreisgrundsätze gem. § 1 AStG auch für Personengesellschaften klargestellt werden. Zum anderen sollte der sog. Authorised Approach (AOA) der OECD zur Behandlung der Einkünfteabgrenzung zwischen einem Stammhaus und einer ausländischen Betriebsstätte in das deutsche Recht übernommen werden. Dazu sollte ein neuer § 1 Abs. 5 AStG-E in das Gesetz aufgenommen werden. Im Kern geht es um die Anwendung von Verrechnungspreisgrundsätzen auch auf Betriebsstätten.
Dies ist nun zunächst nicht erfolgt. Es ist jedoch nach unserer Einschätzung davon auszugehen, dass die Finanzverwaltung versuchen wird, den Gesetzgeber zu bewegen, diese Vorschriften beim nächsten Gesetzesvorhaben wieder aufzunehmen und zu verabschieden. Daher ist es auch nicht unwahrscheinlich, dass diese Regelungen ab dem Veranlagungszeitraum 2013 gelten sollen, auch wenn ein entsprechendes Gesetz erst nach dem 1.1.2013 verabschiedet wird. Deshalb soll das gesetzgeberische Vorhaben kurz erläutert werden.
Das Vorhaben erfolgt zur Umsetzung der im OECD-Betriebsstättenbericht 2010 enthaltenen international anerkannten Grundsätzen für die Gewinnaufteilung bei Betriebsstätten (Authorised OECD Approach), der im Rahmen der Änderung des OECD-Musterabkommen im Jahr 2010 Eingang in Art. 7 OECD-MA 2010 und in den OECD-Musterkommentar zu Art. 7 OECD-MA 2010 gefunden hat. Der AOA nimmt zur Einkünfteabgrenzung eine uneingeschränkte Selbstständigkeitsfiktion und Unabhängigkeitsfiktion der Betriebsstätte an. Die Gewinnabgrenzung erfolgt dabei in einem zweistufigen Verfahren. Zunächst ist eine Funktions- und Risikoanalyse ähnlich wie bei der steuerlichen Behandlung von Verrechnungspreisen vorzunehmen. Dabei ist die Betriebsstätte als ein fiktiv unabhängiges Unternehmen anzusehen. Danach hat eine Bewertung der unternehmensinternen Liefer-und Leistungsbeziehungen auf der Basis eines Fremdvergleiches zwischen Stammhaus und Betriebsstätte zu erfolgen. Die OECD-Guidelines 2010 sind ebenfalls zu berücksichtigen.
Die Umsetzung in deutsches Recht soll wie folgt geschehen: In § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 AStG-E wird eine Fiktion von Geschäftsbeziehungen zwischen dem Stammhaus und der Betriebsstätte eingeführt („anzunehmende schuldrechtliche Beziehungen“). Genau dies ist bisher nach bisheriger deutscher Auffassung gerade nicht möglich. Sodann ordnet § 1 Abs. 5 S. 1 AStG-E Einkünftekorrekturen an, wenn der Fremdvergleichsgrundsatz bei unternehmensinternen Liefer-und Leistungsbeziehungen zwischen dem Stammhaus und der Betriebsstätte nicht eingehalten wird. Entsprechend dem AOA wird bei der Anwendung des Fremdvergleichsgrundsatzes die Betriebsstätte als ein eigenständiges und unabhängiges Unternehmen angesehen. Das soll nur dann gem. § 1 Abs. 5 S. 2 AStG-E nicht gelten, wenn die Zugehörigkeit der Betriebsstätte zum Unternehmen eine andere Anwendung erfordert. Die § 1 Abs. 5 S. 3 ff. AStG-E legen dann das Vorgehen der Einkünfteabgrenzung entsprechend dem AOA fest.
Für die Praxis bedeutet dies, dass für die Einkünfteabgrenzung zwischen dem (inländischen) Stammhaus und der (ausländischen) Betriebsstätte nicht mehr auf Kostenschlüssel zurückgegriffen werden kann. Vielmehr müssen Fremdpreise ermittelt werden. Die Einkünfteabgrenzung muss sich dann an diesen Fremdpreisen orientieren. Das stellt aber bisher schon Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften vor große Probleme. Bei Betriebstätten dürfte es noch schwerer sein, an Daten für Fremdvergleichspreise heranzukommen und diese zu ermitteln.
Wenn das Vorhaben umgesetzt wird, gelten die Verrechnungspreisgrundsätze also auch für Betriebsstätten. Ob dies zu mehr Klarheit führen wird bleibt abzuwarten. Die steuerliche Behandlung von ausländischen Betriebsstätten bleibt also spannend!