Berlin (dapd). Zum Schluss gibt es wohl zwei Verlierer: FDP-Chef Philipp Rösler überlässt Rainer Brüderle die Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl und der FDP-Fraktionschef ergreift dafür nicht den von Rösler angebotenen Parteivorsitz. Offiziell nennen das die Liberalen eine „Teamlösung“, die den seit Monaten schwelenden Führungsstreit beilegen und zumindest bis zur Bundestagswahl im Herbst tragen soll. Was sich am Montag in der Berliner Parteizentrale abspielt, gleicht einem Krimi. Zunächst schlägt Rösler dem Parteipräsidium vor, den für Mai geplanten Bundesparteitag der Liberalen vorzuziehen. Das wird einstimmig angenommen. Zu tief sitzt bei den Liberalen die Furcht, die offene Führungsfrage könne noch auf Monate die Partei lähmen. Dann macht Rösler den wohl geschicktesten Schachzug seines knapp zweijährigen Parteivorsitzes. Er bietet Brüderle an, „Spitzenmann“ im Wahlkampfteam zu werden – und verbindet das mit der Möglichkeit, auch nach dem Chefsessel der Liberalen zu greifen. Seit Längerem wurde Brüderle bereits nachgesagt, dieses Amt übernehmen zu wollen. Punktsieg für Rösler Die Rechnung ist einfach: Unter Röslers Führung haben die seit Monaten im Umfragetief dümpelnden Liberalen zumindest jetzt in Niedersachsen das historisch beste FDP-Ergebnis erreicht. Für einen Rücktritt, wie er vor der Wahl im Falle einer Niederlage gefordert worden war, ist bei fast zehn Prozent kein Platz. Also kommt das Angebot zum Rückzug. Falls, ja falls… Es ist eine vergiftete Offerte. Das weiß auch Brüderle. Denn sollte er zugreifen, gilt der FDP-Fraktionschef als Putschist. Und verprellt die nach wie vor existierende Pro-Rösler-Mannschaft in der Partei. Das könnte eine neue Zerreissprobe für die ohnehin in Umfragen nicht verwöhnte FDP bedeuten. In einem Vier-Augen-Gespräch lehnt er dann dankend ab. Nur: Mit seinem Verzicht schwächt sich Brüderle auch selbst. Denn viele Unzufriedene in der FDP werden es dem 67-Jährigen nicht vergessen, dass er die Chance zum Führungswechsel einfach verstreichen ließ. Und dass er Entwicklungsminister Dirk Niebel damit ins offene Messer laufen lässt. Denn an Niebel wird es hängen bleiben, dass er die Reihen der Rösler-Kritiker anführte. So wird beim kommenden Bundesparteitag sein Stuhl in der Parteiführung heftig wackeln. „Es sind alle noch da“ Aber hatte die FDP überhaupt eine andere Wahl, fragen sich viele Liberale am Montag. Brüderle wäre zum Parteivorsitz bereit gewesen, wenn er gerufen worden wäre. Doch dieser Ruf blieb nach dem fulminanten Wahlergebnis von Niedersachsen aus. Also sei im bloßübrig geblieben, in Deckung zu bleiben, hieß es. Ohnehin wäre er voraussichtlich nur ein Übergangskandidat gewesen, bis die junge Garde der 30-Jährigen „erwachsen geworden“ ist, wie ein Spitzenliberaler mutmaßt. So viel die FDP auch bemüht ist, die Einigung als mehr oder minder harmonisch hinzustellen, so viel trifft offensichtlich auch das oft überstrapazierte Wort „alternativlos“ in diesem Führungsstreit zu. Denn wenn Rösler im Parteiamt bleibt, bleibt er auch Wirtschaftsminister und damit Vizekanzler. Tabula Rasa bei der FDP? Ausgefallen. Einzig Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kann sich da uneingeschränkt freuen, hat sich doch ihr Koalitionspartner im Bund nicht selbst zerlegt. Man werde weiter vertrauensvoll zusammenarbeiten, verspricht sie in Berlin und fügt mit Blick auf die ausgefallene Personalrochade hinzu: „Es sind ja alle noch da!“ dapd (Politik/Politik)
FDP-Führungskrise: Am Ende sind alle noch da
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Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen