Höxter/Detmold. Auf Einladung der Detmolder Regierungspräsidentin Marianne Thomann-Stahl besuchte Bundesaußenminister Dr. Guido Westerwelle heute Corvey. Dabei nahm er den Antrag auf Eintragung des „Karolingischen Westwerks und der Civitas Corvey“ in die UNESCO-Welterbeliste entgegen und unterzeichnete das Weiterleitungsschreiben an das Welterbezentrum der UNESCO in Paris.
„Das Karolingische Westwerk in Corvey ist einzigartig. Deshalb freue ich mich sehr über die Bewerbung als Weltkulturerbestätte. Das Auswärtige Amt wird das Antragsverfahren mit Rat und Tat unterstützen“, so Außenminister Westerwelle. In Grußworten zeigten sich die Hausherren von Corvey, der Herzog von Ratibor und Pfarrdechant Eilebrecht, erfreut über den Besuch und die Unterstützung des Außenministers. Zahlreiche Abgeordnete aus Ostwestfalen-Lippe von Bundestag, Landtag und europäischem Parlament waren neben Vertretern der örtlichen Politik gekommen und setzten damit ein Signal für die Bedeutung des Antrags. Die Entscheidung über die Aufnahme Corveys in die Liste des UNESCO-Welterbes fällt im Juni 2014 in Algier. Es ist das einzige Kultur-Projekt, für das die Bundesregierung einen Antrag im Jahr 2013 einreicht.
In Corvey steht das einzige erhaltene Westwerk aus der Zeit des Karolinger. Dieser Bautyp wurde in der Zeit Karls des Großen völlig neu entwickelt. Dies ist außergewöhnlich, denn fast alle anderen Bautypen der vorromanischen und romanischen Architektur haben ihre Vorläufer in der Spätantike. Das Dekorationssystem des Westwerks mit den Resten eines Meerwesenzyklus, zu dem auch eine Szene aus der Odyssee gehört, belegt zudem, dass in karolingischer Zeit in sakralen Räumen auf profane Bildprogramme der Antike zurückgegriffen wurde. Auch die Sinopien und Fragmente der Stuckfiguren sind einzigartige Zeugnisse der karolingischen Kunst.
Die 822 gegründete Benediktinerabtei Corvey bei Höxter im Weserbergland gehörte zu den einflussreichsten Klöstern des Frankenreiches. Ihr missionarischer Auftrag war von großer Bedeutung für die politisch-religiösen Prozesse weiter Teile Europas. Eine aus der Erbauungszeit stammende Inschriftentafel bezeichnet den archäologisch nachgewiesenen Klosterbezirk als Civitas Corvey. Ideale Vorstellungen von einem Stützpunkt für das Reisekönigtum und ein Großkloster der Karolingerzeit, wie sie mit dem Klosterplan von St. Gallen überliefert sind, konnten aufgrund des zur Verfügung stehenden Geländes weitgehend uneingeschränkt umgesetzt werden. An keinem zweiten derzeit bekannten Ort des Abendlandes dürfte eine Klosteranlage in dem großzügigen, weit vorausschauenden Stil umgesetzt worden sein wie in Corvey.
Die Antragsunterlagen wurden von den beiden Eigentümern (Viktor Herzog von Ratibor und Fürst von Corvey, Kirchengemeinde St. Stephanus und Vitus), dem Land Nordrhein-Westfalen, dem Kulturkreis Höxter-Corvey sowie Vertretern der Stadt und des Kreises Höxter und des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe erarbeitet. Die Nominierungsunterlagen bestehen aus dem Antragstext, dem Managementplan, einem Materialband und einem Vortragsband, in dem die wissenschaftlichen Vorträge zweier internationaler Symposien zum außergewöhnlich universellen Wert von Corvey enthalten sind.