Berlin/Bochum (dapd). Für die Opelaner in Bochum gibt es von den Politikern in NRW und in Berlin zwar viel Mitgefühl. Auf finanzielle Hilfen können die mehr als 3.000 von Arbeitslosigkeit bedrohten Beschäftigten und die Zuliefererfirmen in Bochum dagegen nicht hoffen. Einen Tag nach dem verkündeten Aus für die Autofertigung in der Ruhrgebietsstadt ist klar: Wenn 2016 für Opel in Bochum Schluss ist, wird die Politik das nicht mit Steuergeldern zu verhindern versuchen. Was bleibt, ist heftige Schelte für den Opel-Mutterkonzern General Motors (GM).
Die Arbeitsagentur bereitet sich derweil schon auf Hilfen vor. Bundeswirtschaftsminister und FDP-Chef Philipp Rösler kritisierte das Management des US-Konzerns. Der Umgang mit den Beschäftigten sei nicht akzeptabel, sagte Rösler in Berlin. Er bekräftigte, dass sich der Bund nicht an einer Rettung des Bochumer Werkes beteiligen könne. Der Hauptgrund für die Opel-Schwäche sei hausgemacht, da GM nicht dafür gesorgt habe, dass die deutsche Tochter mehr Autos in China, Brasilien und Indien verkaufen kann. „Das macht mich wütend, das macht mich sauer“, sagte Rösler. Die Pläne des derzeitigen Opel-Chefs Thomas Sedran sehen vor, dass ab Ende 2016 in Bochum keine Autos mehr gebaut werden. Lediglich ein Logistikzentrum und gegebenenfalls eine Komponentenfertigung sollten noch betrieben werden. Wie viele der über 3.000 Jobs gestrichen werden sollen, ist unklar.
Land fordert Geld von Opel
Die Linke weist der Bundesregierung eine Mitverantwortung für das Opel-Aus in Bochum zu. Fraktionschef Gregor Gysi sagte, Opel sei von zwei Seiten in die Zange genommen worden. Einerseits habe GM dem Opel-Management zu wenig Spielraum gegeben. Schuld sei aber auch die falsche Euro-Politik der Bundesregierung, die dazu geführt habe, dass in Südeuropa die Kaufkraft fehle, um Autos zu kaufen. Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Jürgen Trittin warf GM vor, Opel keine Perspektive gegeben und von Wachstumsmärkten abgehängt zu haben. Trittin forderte den Mutterkonzern auf, den Belegschaften die „ganze Wahrheit“ zu sagen. Die rot-grüne Landesregierung sieht Opel und GM in der Pflicht. „Wir können nicht ein Gesetz machen oder ganz viel Geld in die Hand nehmen, um das zu machen. Das Geld muss von Opel kommen“, sagte NRW-Wirtschaftsminister Garrelt Duin (SPD) im Deutschlandfunk. Opel könne sich aussuchen, ob das Unternehmen „einen sehr teuren Sozialplan“ macht oder ob es hilft, neue Industrieansiedlungen zu realisieren. Zugleich kündigte Duin an, Land und Stadt wollten mit dem Unternehmen dafür sorgen, dass sich in Bochum, auch auf dem Opel-Werksgelände, „neue Unternehmen ansiedeln, damit dort eine wirkliche Perspektive für industrielle Produktion und Beschäftigung entstehen kann“.
120 Zulieferer betroffen
Wie es in der Bochumer Fabrik selbst nun weitergeht, blieb zunächst offen. Die Beratungen über mögliche Proteste dauerten an, hieß es auf dapd-Anfrage aus dem Betriebsrat. Die Frühschicht begann am Morgen noch ohne größere Aktionen. Für kurze Zeit standen einige Bänder still. Etwa 50 Angestellte hätten sich in einer Gruppe zusammengefunden und über die aktuelle Situation beraten, sagte Werkssprecher Alexander Bazio auf dapd-Anfrage. Deshalb sei es in einigen Bereichen für zwei Stunden zu Produktionsstopps gekommen. Die Bundesagentur für Arbeit in Nordrhein-Westfalen kündigte an, sich mit einer Arbeitsgruppe auf die drohende Arbeitslosigkeit von Tausenden Opel-Mitarbeitern vorzubereiten. „Der Arbeitsmarkt ist zurzeit aufnahmefähig, für Fachkräfte bestehen vor dem Hintergrund der demografischen Veränderung auch mittelfristig gute Chancen“, sagte die Vorsitzende der Geschäftsführung der NRW-Regionaldirektion, Christiane Schönefeld, in Düsseldorf. Sie habe eine „Task Force“ damit beauftragt, die Aktivitäten der Agenturen für Arbeit zu koordinieren. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Bochum geht davon aus, dass auch 120 Zulieferer unter dem Aus der Autoproduktion leiden werden. „Allgemein kann man sagen, dass die Hälfte der Betriebe zu mehr als 30 bis 50 Prozent betroffen ist, die andere Hälfte weniger“, sagte der Leiter des IHK-Geschäftsbereichs Industrie, Rouven Beeck, auf dapd-Anfrage. Wie viele Mitarbeiter in den Zuliefererfirmen arbeiten, ist demnach unklar. Als Richtwert gelte die Zahl der direkt betroffenen Arbeitsplätze mal drei.