Stralsund/Lübeck (dapd). Die Reederei Scandlines hat knapp vier Wochen nach der Insolvenz der P+S Werften bei der Volkswerft Stralsund den Vertrag zum Bau von zwei Ostseefähren aufgelöst. Die beiden Schiffe entsprächen nicht den vertraglichen Vereinbarungen, erklärte die Reederei am Dienstag in Lübeck. Der Insolvenzverwalter der P+S Werften, Berthold Brinkmann, erklärte, dass er mit der Kündigung gerechnet habe. Ein neues Angebot von Scandlines wies er zurück.
Schwerwiegende technische Probleme, bauliche Verzögerungen und die Insolvenz der P+S Werften seien Gründe für die Kündigung gewesen, erklärte Scandlines-Chef Soren Poulsgaard Jensen. Das Unternehmen hatte die beiden Schiffe im März 2010 in der Volkswerft geordert. Sie sollten im Frühsommer 2012 in den Liniendienst gehen. Ihre Auslieferung hatte sich immer wieder verzögert, was schließlich maßgeblich zur Werften-Pleite führte. Die beiden im Rohbau fertigen Schiffe liegen seit Monaten am Ausrüstungskai der weitgehend stillgelegten Werft. Reederei erhebt Vorwürfe gegen Insolvenzverwalter Jensen sagte, die Scandlines Group habe sich während der Bauphase konstruktiv an der Suche nach Lösungen beteiligt. Auch nach Einleitung des Insolvenzverfahrens habe man Optionen geprüft. Dem Insolvenzverwalter seien Vorschläge unterbreitet worden, die unbeantwortet geblieben seien. Tatsache sei nun, dass die Fähren nicht zur Hauptsaison 2013 fertiggestellt sein könnten. Insgesamt wollte Scandlines rund 230 Millionen Euro in die beiden Neubauten und die Umgestaltung der Anleger und Kaianlagen in Rostock und Gedser investieren. Nach Reedereiangaben sind alle an die Werft geleisteten Vorauszahlungen durch Bankgarantien abgesichert. Allerdings seien Kosten durch Marketing und den ungeplanten Einsatz einer Zusatzfähre in diesem Sommer angefallen. „Wir prüfen nun andere Optionen, um so schnell wie möglich mit neuen Schiffen auf der Route verkehren zu können“, sagte Jensen. Insolvenzverwalter weist Angebot der Reederei zurück Insolvenzverwalter Berthold Brinkmann sagte, in den vergangenen Wochen seien Scandlines sowie anderen Werften und Unterauftragnehmern die beiden Schiffe, das Werftgelände, Mitarbeiter und alle Baupläne zur Verfügung gestellt worden, und zusätzlich habe man selbst Tests an den Schiffen durchgeführt. „Scandlines hat uns nicht im vereinbarten Umfang über die Ergebnisse der Verhandlungen mit den anderen Werften unterrichtet“, sagte Brinkmann. Allerdings sei das von Scandlines gemachte kommerzielle Angebot nicht akzeptabel. „Wir haben das Angebot am vergangenen Donnerstag dem Gläubigerausschuss vorgelegt. Auch der Gläubigerausschuss wollte diesem Angebot nicht nähertreten. Deshalb befinden wir uns bereits in Verhandlungen mit Interessenten, die weitaus höhere Gebote abgeben als Scandlines“, sagte Brinkmann. Bereits im September war die dänische Reederei DFDS bei den P+S Werften von ihrem Auftrag zum Bau von zwei Ro-Ro-Schiffen zurückgetreten. Die unter anderem für weltweite Truppentransporte der dänischen und deutschen Streitkräfte vorgesehenen Spezialschiffe sollten ebenfalls Mitte 2012 ausgeliefert werden, befinden sich aber erst im Rohbaustadium. Gegenwärtig verhandelt die Werft wieder mit DFDS über den Weiterbau. Dafür ist ein Bürgschaftskredit in Höhe von 40 Millionen Euro erforderlich. Bei Bund und Land wurde inzwischen ein entsprechender Massekredit beantragt.