Erfurt (dapd-nrd). Die Verhandlung über das Streikrecht in kirchlichen Einrichtungen wird nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts (BAG) in Erfurt wahrscheinlich eine „richtungsweisende Zwischenetappe“ sein. Es würden „eine ganze Reihe deliktischer, aber vor allem verfassungsrechtlicher Fragen aufgeworfen“, sagte BAG-Präsidentin Ingrid Schmidt am Dienstag in Erfurt zu Beginn der Verhandlung. „Möglicherweise endet die Wegstrecke nicht in Erfurt oder Karlsruhe, sondern in Straßburg.“ Straßburg ist Sitz des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR). Vor Beginn der Verhandlung hatte der Präsident der Diakonie Deutschland, Johannes Stockmeier, nochmals betont, dass sich der sogenannte Dritte Weg bewährt habe. Demnach werden Arbeitsbedingungen in sogenannten Arbeitsrechtlichen Kommissionen ausgehandelt, die paritätisch mit Vertretern der Mitarbeiter und der Arbeitgeberseite besetzt sind. Konflikte müssen durch ein Schlichtungsverfahren entschieden werden. Nach Auffassung von ver.di-Chef Frank Bsirske fehlt es den Richtlinien der Kommissionen jedoch an der Verbindlichkeit. Sie hätten nur Empfehlungscharakter. Dagegen könnten die Gewerkschaft Tarifverträge aushandeln, die für alle verbindlich seien. Gerichte gaben Gewerkschaften recht Hintergrund des aktuellen Rechtsstreits sind Warnstreiks, die ver.di und der Marburger Bund in den Jahren 2009 und 2010 in den Bundesländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hamburg organisierten. Vor dem Landesarbeitsgericht Hamm und dem Arbeitsgericht Hamburg wurde Anfang 2011 die Klagen der evangelischen Kirche abgewiesen. Nach Ansicht der Hammer Richter „rechtfertigt das verfassungsrechtlich verbürgte Selbstbestimmungsrecht der Kirchen jedenfalls keinen vollständigen Ausschluss von Arbeitskampfmaßnahmen im Bereich kirchlicher Einrichtungen“. Auch sei der Dritte Weg nicht geeignet, „der Arbeitnehmerseite vergleichbare Chancen zur Durchsetzung ihrer Forderungen zu vermitteln“, wie sie außerhalb der Kirche mit Tarifvertrag und Arbeitskampf zur Verfügung stünden. Das Urteil der Erfurter Richter wird für den Nachmittag erwartet. Vertreter beider Seiten haben bereits angekündigt, bei einer Niederlage in Erfurt vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Danach wäre eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg der nächste Schritt. Denn beim EGMR können auch nicht-staatliche Organisationen mit einer Individualbeschwerde gegen die Bundesrepublik Deutschland – beziehungsweise gegen deren höchste Gerichte – vorgehen. dapd (Politik/Politik)
Bundesarbeitsgericht: Streikrecht-Urteil wohl nur Zwischenetappe
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Peer-Michael Preß
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