Düsseldorf (dapd). Das Prinzip ist simpel: Lehnt ein Arbeitsloser einen zumutbaren Job ab oder erscheint er nicht zu einem Vorstellungsgespräch, kann ihm die finanzielle Unterstützung gekürzt werden. Mit sanftem Druck vonseiten des Staates sollen Arbeitslose so wieder in die Job-Welt befördert werden. Geht es nach den nordrhein-westfälischen Grünen, soll dieses im Zuge der Hartz-Reformen eingeführte Vorgehen wieder abgeschafft werden. Für den Bundesparteitag am Wochenende in Hannover wurde ein entsprechender Antrag eingereicht. Hinter dem Antrag stehen der NRW-Landesvorsitzende Sven Lehmann, Gesundheitsministerin Barbara Steffens und mehrere Bundestags- und Landtagsabgeordnete. Das Credo lautet: Zuckerbrot statt Peitsche. Anstelle der gängigen Praxis von Androhung und Bestrafung fordern die Grünen eine „Arbeitsvermittlung auf Augenhöhe“ und „Wahlrechte“ für Arbeitssuchende. Auch die Worte „Motivation“ und „Anerkennung“ werden benutzt, um den Paradigmenwechsel hin zu einer „neuen Kultur“ zu beschreiben. Kein Instrument des Sozialstaates Dass die Sanktionsmaßnahmen im Zuge der Hartz-IV-Reformen eingeführt wurden, hält Lehmann für einen Fehler. „Die Sanktionen haben sich nicht bewährt“, sagte der Landesvorsitzende der Nachrichtenagentur dapd. Das Existenzminimum dürfe grundsätzlich nicht gekürzt werden und müsse frei von Sanktionen bleiben. Zudem seien Androhungen und Bestrafungen „nie ein gutes Instrument in unserem Sozialstaat“. Beim Thema Arbeitsvermittlung geht der Grünen-Politiker von einem grundsätzlich positiven Ansatz aus. „Ich bin überzeugt, dass fast alle Menschen arbeiten wollen.“ Zwar habe es auch immer Menschen gegeben, die nicht arbeiten wollten und dies auch in Zukunft nicht tun würden. „Dieser Teil ist aber verschwindend gering, so dass es sich nicht lohnt, ein solch bürokratisches Monster aufrecht zu erhalten“, sagte Lehmann. Allein vom Verwaltungsaufwand her seien die Sanktionen „viel zu teuer“. Lehmann geht in seiner Kritik so weit, dass er den Nutzen der Strafen komplett infrage stellt. „Es ist nicht nachgewiesen, dass durch schärfere Sanktionen Langzeitarbeitslosigkeit verhindert werden kann“, sagte er. Nirgendwo sei die Wirksamkeit belegt. Stattdessen werde unter den Arbeitslosen ein „Klima der Angst“ erzeugt. Eine halbe Million Strafen bis Juni Im ersten Halbjahr 2012 wurden von den Arbeitsagenturen und Jobcentern in Deutschland mehr als 520.00 Strafen verhängt – in etwa zwei Dritteln davon wegen Meldeversäumnissen. Ende des Jahres könnte damit erstmals die Marke von einer Million Strafen geknackt werden. Bundesweit gibt es 6,1 Millionen Bezieher von staatlichen Leistungen. Der nordrhein-westfälische Arbeitsminister Guntram Schneider sieht die Lage differenzierter. „Wenn es sich um Formalitäten handelt, dann würde ich auch auf Sanktionen verzichten“, sagte der SPD-Politiker der dapd mit Blick auf verspätete Fristen oder verpasste Termine im Jobcenter. Auch die Kosten stünden dann in keinem Verhältnis zum Nutzen. Wenn aber bewusst gegen Regeln verstoßen werde, um Geldleistungen zu erhalten, müsse es Sanktionen geben: „Ich bin für Fordern und Fördern.“ dapd (Politik/Politik)
Zuckerbrot statt Peitsche
Veröffentlicht von
Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen