München (dapd). Der frühere Präsident des bayerischen Landesamts für Verfassungsschutz, Gerhard Forster, hat um Verständnis für die fehlenden Erkenntnisse seiner Behörde über einen rechtsextremistischen Hintergrund der Mordserie an Ausländern in Deutschland geworben. In seiner Amtszeit sei zwar auch diese Möglichkeit geprüft worden, sagte Forster am Dienstag im NSU-Untersuchungsausschuss des bayerischen Landtags. Das Problem sei aber, dass der Verfassungsschutz nicht über ein „dichtes Überwachungsnetz“ verfüge. Forster war der erste Zeuge dieses Untersuchungsausschusses. Die Opposition in Bayern will unter anderem wissen, warum die Ermittler nicht stärker einen ausländerfeindlichen Hintergrund der Taten in München und Nürnberg geprüft haben. Der Freistaat war seit dem September 2000 Tatort der Hälfte der zehn Morde der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU). Forster sagte, er könne sich nicht genau an das damalige Vorgehen seiner Behörde erinnern. Klar sei aber: „Wenn Ausländer ermordet werden, taucht immer die Frage auf: Könnte es unser Klientel gewesen sein?“ Deshalb seien „ganz sicher“ V-Leute befragt worden, ob es Hinweise auf einen Neonazi-Hintergrund gebe: „Das Ergebnis war gleich Null.“ Verfassungsschutz „kein Überwachungsdienst“ Forster verwies darauf, dass der Verfassungsschutz darauf angewiesen sei, Informationen zu bekommen. Dies sei damals nicht geschehen. Dies bedeute jedoch nicht, dass seine Behörde einen Fehler gemacht habe. Denn es sei „systemimmanent“, dass der Verfassungsschutz „kein Überwachungsdienst“ sei. Forster fügte hinzu: „Wir alle wären froh gewesen, wir hätten einen Hinweis bekommen.“ Nun würden Mitarbeiter des Verfassungsschutzes in der Presse „nur noch als Dilettanten dargestellt“. Forster schilderte auch allgemein das Vorgehen seiner Behörde gegen den Rechtsextremismus in seiner Amtszeit von März 1994 bis November 2001. Dabei lobte er ausdrücklich die damalige Zusammenarbeit mit der Polizei. Auch der Informationsaustausch mit anderen Bundesländern habe funktioniert. Verstärkter Personaleinsatz gegen Rechtsextremismus Forster berichtete, das für den Rechtsextremismus zuständige Personal des bayerischen Landesamtes für Verfassungsschutz sei „nach dem Ende des Kalten Krieges“ im Jahr 1989 kontinuierlich erhöht worden. Im Jahr 2001 seien es bereits rund 60 Prozent der Mitarbeiter gewesen. Dagegen hätten sich nur noch 40 Prozent mit dem Linksextremismus befasst. Genaue Zahlen wollte Forster unter Verweis auf die Geheimhaltungspflicht nicht nennen. Er betonte zugleich, seine Behörde sei entschieden gegen „autonome Kameradschaften“ vorgegangen. Er habe „mit allen Mitteln verhindern“ wollen, dass sich Strukturen wie in Ostdeutschland mit „ausländerfreien Zonen“ auch in Bayern festsetzen. Ein großes Problem sei damals die zunehmende Stärke von Skinhead-Gruppen gewesen. Forster fügte jedoch hinzu: „Insgesamt glaube ich, dass wir die Szene ganz gut eingeschätzt haben.“ dapd (Politik/Politik)
NSU: Ex-Verfassungsschutzpräsident wirbt um Verständnis
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Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen