Landau (dapd-rps). Der politische Rückzug von Ministerpräsident und SPD-Landeschef Kurt Beck wird nach Einschätzung des Landauer Politikwissenschaftlers Ulrich Sarcinelli die oppositionelle CDU vor große Probleme stellen. Für die Christdemokraten sei die Nominierung von Malu Dreyer als neue Ministerpräsidentin der größte anzunehmende Unfall, sagte er der Nachrichtenagentur dapd. Mit Beck falle die große Zielscheibe weg, gegen die die Christdemokraten mit Erfolg angekämpft hätten. Es dürfte ihnen schwer fallen, ihren Oppositionskurs fortzusetzen. Künftig müssten die Christdemokraten eine viel filigranere Auseinandersetzung mit der SPD führen, als sie es gewohnt seien. Sie müssten „vom Schwert aufs Florett umstellen“, betonte Sarcinelli. Das sei wesentlich schwieriger als der aggressive Frontalangriff von Julia Klöckner, der gegen Beck durchaus Wirkung gezeigt habe. Mit dem Wechsel an der Spitze der SPD werde es für die CDU zudem schwieriger werden, bis zur Landtagswahl eine Wechselstimmung im Land herbeizuführen. Zwar sei das Land keine ideale Arena für die SPD, dennoch habe sich die Partei zwei Jahrzehnte lang und trotz großer Verluste bei der vergangenen Landtagswahl an der Spitze halten können. Dies habe über viele Jahre mit der Schwäche der Opposition korrespondiert. Erst Julia Klöckner sei es gelungen, die Partei zu einen, sie wieder in die Offensive zu bringen und ihr damit auch Hoffnung auf Chancen für einen Machtwechsel zu geben. Ob sich der Weggang von Beck für die Grünen als ein Glücksfall erweise, sei noch offen. Seit Beginn der Legislaturperiode hätten sie einerseits einen erstaunlichen Anpassungsprozess praktiziert, sich zugleich aber als eigenständige Kraft innerhalb der Regierung etablieren können. Von der Nürburgring-Affäre seien sie bislang nicht in Mitleidenschaft gezogen worden. Es sei ihnen gelungen klarzumachen, dass sie zwar nicht für das Debakel verantwortlich seien, aber nun in der politischen Mitverantwortung für die Suche nach Auswegen stünden. Dennoch hätte ihnen die schwelende Auseinandersetzung um Beck und den Nürburgring auf Dauer geschadet. Für die SPD seien die Chancen, an der Macht zu bleiben, allein durch Malu Dreyer größer geworden, betonte Sarcinelli. Sie werde als „everybody’s darling“ unterschätzt. Dabei werde vergessen, dass sie seit Jahren erfolgreich ein Ministerium führe und sich in ihrem SPD-Bezirk politisch durchgesetzt habe. Das nette Bild von ihr, das Gefühl, eine fragile Frau vor sich zu haben, täusche möglicherweise. Dreyer habe die Chance, zum Gesicht des Landes zu werden. In Rheinland-Pfalz herrschten insbesondere in SPD und CDU latente innerparteiliche Spannungen zwischen Nord und Süd, zwischen den einzelnen Regionen. Dreyer verkörpere aber all diese Regionen und Mentalitäten. Sie sei gebürtige Pfälzerin, sei in Bad Kreuznach Bürgermeisterin gewesen, habe in Mainz als Sozialdezernentin gearbeitet und sei nun in Trier gut verankert. Mit der Problematik Multiple Sklerose gehe Dreyer klug um. Es sei ein guter Schachzug gewesen, ihre chronische Erkrankung gleich zu Beginn ihrer Nominierung als Nachfolgerin von Beck zu erwähnen. Dadurch habe sie allen möglichen Debatten um die Krankheit die Spitze gebrochen. Die Gesellschaft gehe inzwischen auch offener mit solchen Handicaps um als noch vor Jahren. Sie würden nicht mehr automatisch als Einschränkung der Leistungsfähigkeit einer Spitzenperson angesehen. Anders als Beck werde Dreyer wahrscheinlich nicht überall im Land präsent sein können. Aber das erwarteten die Menschen auch nicht. Ihnen sei viel wichtiger, dass das Land bei den großen Themen wie der Finanzpolitik, der Schul- und Hochschulpolitik sowie mit die Regionalreform vorankomme. dapd (Politik/Politik)