Berlin (dapd-bln). Der Berliner Innensenator Frank Henkel (CDU) hat im Zusammenhang mit der NSU-Affäre Fehler eingeräumt, seine zurückhaltende Informationspolitik aber mit dem Quellenschutz begründet. Es wäre nicht verantwortbar gewesen, die Öffentlichkeit über die Verbindung des V-Mannes der Berliner Polizei zur Terrorgruppe NSU zu informieren, erklärte Henkel am Dienstag in einer Befragung vor dem Berliner Abgeordnetenhaus. Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau warf Henkel jedoch vor, damit den Bundestag düpiert und die Opfer verhöhnt zu haben. Unterdessen gingen die Berliner Akten beim Untersuchungsausschuss des Bundestages ein. Die rechtsextreme Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) zog mehr als 13 Jahre unerkannt von den Sicherheitsbehörden durch die Bundesrepublik und ermordete zehn Menschen. Vergangene Woche war im Untersuchungsausschuss bekannt geworden, dass die Berliner Polizei mehr als ein Jahrzehnt lang mit dem mutmaßlichen NSU-Unterstützer Thomas S. zusammengearbeitet hat. S. soll den Ermittlern ab 2002 zumindest indirekte Hinweise auf den Aufenthaltsort der Terrorgruppe gegeben haben. Nach eigenen Angaben wusste Henkel bereits seit März von der Zusammenarbeit mit dem Neonazi, unterrichtete darüber aber nur die Bundesanwaltschaft, nicht jedoch den Untersuchungsausschuss, trotz Anfrage. Henkel bedauert „Irritationen“ Henkel räumte nun ein, dass man in der Kommunikation etwas anders hätte machen können. „Ich bedauere ausdrücklich, dass es dadurch zu Irritationen gekommen ist“, sagte der CDU-Politiker. Allerdings hält er im Kern an seinem Vorgehen fest und beruft sich auf den Informantenschutz. Es habe die Gefahr bestanden, dass das Leben des Informanten gefährdet würde, weitere Ermittlungen gegen andere Personen aus dem Umfeld der NSU-Unterstützer behindert und wichtiges Beweismaterial unter Umständen vernichtet worden wäre. „Nach rechtlicher und fachlicher Beratung habe ich mich an dieses Vorgehen gebunden gefühlt“, sagte Henkel. Infolge der Panne zog sich Henkels Vorgänger als Innensenator, der SPD-Politiker Ehrhart Körting (SPD), aus der Bund-Länder-Kommission zur Aufarbeitung des Rechtsterrorismus zurück. Körting, in dessen Amtszeit die Zusammenarbeit mit S. weitgehend fiel, will jeden Anschein der Befangenheit vermeiden, wie er erklärte. Der niedersächsische Innenminister Uwe Schünemann (CDU) zollte ihm dafür Respekt. „Das kann ich gut nachvollziehen und das ehrt ihn sehr“, sagte Schünemann über Körting im Inforadio des RBB hinzu. John fürchtet Vertrauensverlust Die Ombudsfrau der Hinterbliebenen des rechtsextremen NSU-Terrors, Barbara John, äußerte die Sorge, die Informationspannen bei den Sicherheitsbehörden könnten demoralisierende Folgen für die Familien der Opfer haben. „Das kommt sehr schlecht an“, sagte sie der „Mitteldeutschen Zeitung“. Es gebe auch die Vermutung, „dass da noch mehr zurück gehalten wird“. Unterdessen dringt Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) auf eine baldige Reform der Sicherheitsstrukturen in Deutschland. Dabei sollten die Aufgaben des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) auf andere Behörden übertragen werden, sagte sie der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. „Wir brauchen eine effektivere Sicherheitsstruktur. Wir müssen weg vom Nebeneinander der Geheimdienste und offen über die Auflösung des MAD reden“. Anfang vergangener Woche war bekannt geworden, dass der MAD 1995 möglicherweise versucht haben soll, den späteren NSU-Terroristen Uwe Mundlos als Informanten anzuwerben. Grünen-Chefin Claudia Roth forderte, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) müsse die Angelegenheit zur Chefsache machen. Merkel habe schließlich den Angehörigen der Opfer der NSU-Mordserie versprochen, dass der Staat alles tun werde, um aufzuklären, sagte Roth der „Leipziger Volkszeitung“. „Aber ihre eigenen Minister helfen da nicht mit“, kritisierte die Grünen-Chefin. dapd (Politik/Politik)
Berliner Innensenator geht nach NSU-Pannen in die Offensive
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Peer-Michael Preß
Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de Alle Beiträge von Peer-Michael Preß anzeigen