Hannover (dapd-nrd). Daimler zieht der Lkw-Konkurrenz wegen seiner weltweiten Präsenz davon. Wie der weltgrößte Lastwagenbauer am Dienstag auf der Messe IAA Nutzfahrzeuge mitteilte, stieg der weltweite Absatz bis Ende August im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 20 Prozent auf 309.000 Stück. Herausforderer MAN fiel auf 90.000 bis 100.000, und der schwedische Anbieter Volvo stagnierte bei 147.000, musste aber für August einen Rückgang melden.
DAF aus Holland verweigerte sogar die Nennung von aktuellen Absatzzahlen. Daimler-Vorstandsmitglied Andreas Renschler sagte auf der Messe in Hannover, der Hersteller aus Stuttgart profitiere von seiner weltweiten Präsenz: Während der Markt in Europa um mehr als zehn Prozent eingebrochen sei, gebe es einen Boom bei den Geschäften in Nordamerika und Japan. In beiden Ländern ist Daimler stark. Auch im Riesenland Brasilien ging der LKW-Absatz dieses Jahr zurück. Die Krise vor allem in Südeuropa ziehe an Daimler weitgehend vorbei, sagte Renschler: „Daimler Trucks ist davon durch den traditionell starken Absatz in Nordeuropa aber weniger betroffen.“ Und wegen des neuen Modells des erfolgreichen Actros bleibe die „Nachfrage selbst in einem verunsicherten westeuropäischen Marktumfeld stabil“. Auf der Messe zeigt Daimler den neuen Stadt-Lkw Antos, der vor allem für den Verteilerverkehr ausgelegt ist. Außerdem ist der Stadtlieferwagen Citan zu sehen, der aus der Zusammenarbeit mit Renault hervorgegangen ist. Die Nutzfahrzeugsparte von VW widersteht ebenfalls der Absatzkrise in Europa: Bis Ende August wuchs der Anbieter von VW-Bus und Caddy weltweit um 5,6 Prozent auf 362.200 Fahrzeuge, sagte der Sprecher des Markenvorstandes, Eckhard Scholz. Selbst in Westeuropa legte die VW-Tochter zu – um zwei Prozent auf 189.000 Stück in den ersten acht Monaten 2012. In den Zahlen sind die VW-Töchter MAN und Scania nicht enthalten. MAN wich dagegen Fragen nach der aktuellen Absatzlage weitgehend aus. Die Münchener erklärten nur, sie hätten bisher weltweit 90.000 bis 100.000 Fahrzeuge abgesetzt. Das sei „auf dem Niveau des Vorjahres“, sagte Lkw-Vertriebsvorstand Frank Hiller. Später korrigierte ein MAN-Sprecher diese Aussage und erklärte, tatsächlich sei das ein „kleiner Rückgang“. Zu den zuletzt von MAN angekündigten Produktionseinschränkungen äußerte sich Hiller auch auf Nachfrage nicht. Der europäische Markt werde 2012 um fünf bis zehn Prozent fallen, sagte er. Das Unternehmen hatte im ersten Halbjahr wegen der Lkw-Absatzschwäche in Europa einen Gewinneinbruch erlitten. Anders als der große heimische Konkurrent Mercedes ist die VW-Tochter nicht in den zurzeit enorm erfolgreichen Märkten USA und Japan vertreten. MAN rechnet allerdings damit, „dass die nächsten Jahre in Europa dynamisch werden“, auch wegen des Wechsels zu den modernen Euro-VI-Motoren. Der neue Vorstandsvorsitzende Anders Nielsen kündigte an, MAN werde „die Präsenz in den Wachstumsmärkten“ ausweiten. Im derzeit schwachen Markt in Europa habe MAN in den vergangenen Jahren den Marktanteil ausgebaut, sagte er. MAN stellt in Hannover zwei neue Fahrzeuggenerationen bei Lastwagen vor. Der schwedische Hersteller Volvo-Trucks, zum dem auch Renault Trucks gehört, hat im August weltweit rund 15.000 Fahrzeuge ausgeliefert. Das sind etwa 1.500 oder vier Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Der Absatz im laufenden Jahr entspricht mit 147.500 Einheiten dem des Vorjahres. DAF-Chef Harrie Schippers gab für Europa das Ziel 20 Prozent Marktanteil aus, nach bisher 16 Prozent. Er schwieg aber zur aktuellen Lage. Der Zulieferer ZF will bis Jahresende 1.200 zusätzliche Arbeitsplätze in Deutschland schaffen. Weltweit will der Konzern aus Friedrichshafen am Bodensee vor allem wegen der guten Nachfrage nach seinen Automatikgetrieben 3.500 neue Kräfte einstellen und Ende 2012 rund 75.000 Mitarbeiter beschäftigen, wie der Vorstandsvorsitzende Stefan Sommer sagte. Sommer erklärte das Wachstum auch mit dem Erfolg des modernen Automatikgetriebes mit acht Gängen. Auf mittlere Sicht sind alle Unternehmen zuversichtlich, dass der Transportmarkt wächst. „Und Transport bedeutet Lkw“, sagte Renschler. Er will 2020 weltweit 700.000 Daimler-Lkw verkaufen, nach 426.000 im Jahr 2011. Nach einer Studie der Berater von McKinsey wird der Weltmarkt für schwere Lkw bis 2020 von derzeit rund 125 Milliarden Euro Umsatz auf 190 Milliarden Euro wachsen. Auch der inflationsbereinigte Gesamtgewinn der Lkw-Hersteller werde von 7,2 Milliarden auf 10,5 Milliarden Euro steigen. Vertreter der Industrie begrüßten auf der Messe die Absicht der Bundesregierung, Lkw mit den neuen abgasärmeren Motoren der Klasse Euro VI einen Rabatt bei der Autobahnmaut zu gewähren. Ramsauer will seine Pläne demnach offiziell am Donnerstag in Hannover vorstellen.