Griesheim/Berlin (dapd). Die neu aufgeflammte Mindestlohndebatte stößt dem Wirtschaftsflügel der Union übel auf. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Mittelstandsvereinigung (MIT), Josef Schlarmann (CDU), kritisierte am Dienstag die eigene Partei in scharfer Form. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) lobte hingegen den Vorstoß der thüringischen Landesregierung zur Einführung eines bundesweiten Mindestlohns. Thüringen will im Herbst einen Gesetzentwurf für die Einführung eines Mindestlohns in den Bundesrat einbringen. Vorgesehen ist eine Kommission aus jeweils sieben Vertretern der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberseite, die jährlich die Höhe des Mindestlohnes festlegen soll. Ähnliches sieht ein Vorschlag der Unionsfraktion vom April vor, den auch Ministerin von der Leyen unterstützt. Abweichend vom Unionsmodell plädiert Thüringen allerdings für einen Vorschlag, der für alle Branchen und Regionen gleichermaßen gilt. Von der Leyen begrüßte die Bundesratsinitiative. „Ich sehe mit Interesse, dass weite Teile des thüringischen Konzeptes quasi identisch sind mit dem Konzept der Union“, sagte die stellvertretende CDU-Vorsitzende in Berlin. Es gebe aber einige Komponenten, die anders gestaltet seien. „Im Grundsatz halte ich es für richtig, dass wir in Deutschland eine Lohnuntergrenze einführen“, betonte von der Leyen. Im vergangenen Herbst hatte sich der Leipziger CDU-Parteitag mit großer Mehrheit dafür ausgesprochen, eine allgemeine verbindliche Lohnuntergrenze in den Bereichen einzuführen, in denen ein tarifvertraglich festgelegter Lohn nicht existiert. MIT-Chef Schlarmann warf der Union Konturlosigkeit vor. Die Union sei „kaum noch fähig, Standpunkte zu vertreten“, sagte Schlarmann dem „Handelsblatt“ (Mittwochausgabe) mit Blick auf SPD-Forderungen nach einem Mindestlohn und einem höheren Spitzensteuersatz. „Wenn die SPD ein Thema setzt, bauen wir keine eigene Position mehr auf – wir laufen nur noch hinterher und passen uns an“, beklagte der CDU-Politiker. Der SPD sei es „jetzt schon auf zwei zentralen politischen Feldern gelungen, unsere Front auseinanderzubrechen“. Die Partei verliere ihr Gesicht, warnte er. Es sei „die Verantwortung aller, dafür zu sorgen, dass wir nicht immer mehr zu einer unentschlossenen, ziellosen und lethargischen Partei werden“, sagte Schlarmann und betonte: „Das ist ein Warnruf.“ Thüringens Ministerpräsidentin Lieberknecht verteidigte ihren Vorstoß. Sie bezeichnete es als „ethisch-moralische Verantwortung“, dass Menschen auch von ihrem Lohn leben können. „Wenn man den Mindestlohn nach Himmelsrichtungen festlegen würde, hätte man sofort wieder eine Ost-West-Debatte. Und ich finde das nach mehr als 20 Jahren deutscher Einheit nicht akzeptabel“, sagte Lieberknecht der Nachrichtenagentur dapd im thüringischen Griesheim. Zugleich wies die CDU-Politikerin die Kritik zurück, Mindestlöhne könnten Arbeitsplätze kosten. Es gebe „keine volkswirtschaftliche Begründung dafür“. Lieberknecht plädierte dafür, Schritt für Schritt vorzugehen. Erst müsse der Bundesrat über die thüringische Initiative befinden, dann müsse man auf Bundesregierung und Bundestag zugehen. dapd (Politik/Politik)
Mindestlohndebatte erzürnt Wirtschaftsflügel der Union
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Peer-Michael Preß
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