Berlin (dapd). Karlsruher „Klatsche“ für die Koalition: SPD, Linke und Grüne werteten am Mittwoch das Scheitern des neuen Wahlrechts vor dem Bundesverfassungsgericht als schwere Niederlage von Schwarz-Gelb. Union und FDP appellierten an die Opposition, nun rasch eine Neuregelung mitzutragen, damit die Bundestagswahl 2013 korrekt über die Bühne gehen kann. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) nahm das Urteil „mit Respekt“ zur Kenntnis. Das erst vor einigen Monaten reformierte Gesetz für Bundestagswahlen ist nach dem Karlsruher Urteil verfassungswidrig und muss umgehend neu gestaltet werden. Das Bundesverfassungsgericht habe mit seiner Entscheidung „Klarheit“ geschaffen, sagte Vize-Regierungssprecher Georg Streiter. Das Urteil müsse „sorgfältig und zügig geprüft“ werden. Das Wahlrecht liege aber „in der Hoheit des Parlaments“. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) mahnte umgehend eine einvernehmliche Lösung an. Dies sei dringend geboten, „um auch nur den Anschein einer Begünstigung oder Benachteiligung einzelner Parteien oder Kandidaten zu vermeiden“. Zugleich räumte er ein, dass es „hinreichenden Anlass zu einer selbstkritischen Betrachtung des Verfahrens der Gesetzgebung der nun für verfassungswidrig erklärten Bestimmungen“ gebe. Aus Sicht der SPD hat die schwarz-gelbe Koalition „die Quittung dafür bekommen, dass sie das Wahlrecht als Machtrecht missbraucht hat“. Der Parlamentarische Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann sprach von einem „guten Tag für unsere Demokratie“ und für die Bürger. „Die Koalition muss jetzt reden. Ein erneuter Alleingang ist nicht mehr möglich. Wir stehen für schnelle Gespräche bereit“, fügte Oppermann hinzu. Die SPD habe bereits im vergangenen Jahr einen Vorschlag für ein verfassungskonformes Wahlrecht gemacht. Linksfraktionschef Gregor Gysi attackierte ebenfalls die Koalition. „Mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, auch das neue Wahlrecht für grundgesetzwidrig zu erklären, war so eindeutig zu rechnen, dass man Union und FDP hinsichtlich des Verfassungsbruchs Vorsatz unterstellen darf.“ Die einfachste Lösung sei nun „eine bundesweite Verrechnung der Zweitstimmen und Ausgleichsmandate für Überhangmandate, und zwar in vollem Umfang“. „Die Arroganz der Macht hat eine deftige Klatsche bekommen“, sagte Grünen-Chefin Claudia Roth dem „Hamburger Abendblatt“. Der Grünen-Politiker Volker Beck erwartet nun eine rasche Nachbesserung. „Ich denke, dass wir in ein oder zwei Monaten ein verfassungskonformes Wahlgesetz auf den Weg bringen können“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Fraktion. Die Unionsfraktion appellierte nach dem Urteil an die Opposition, konstruktiv bei der Korrektur des Wahlrechts mitzuwirken. Es sei nun „Aufgabe aller, für Problempunkte Lösungsvorschläge zu machen“, schrieb der Parlamentarische Geschäftsführer Michael Grosse-Brömer (CDU) im Kurznachrichtendienst Twitter. Er verwies zugleich darauf, dass das Bundesverfassungsgericht weite Teile des Wahlrechts nicht beanstandet habe. Die CSU sieht gute Chancen für eine zügige Neuregelung. „Es wird nach diesem Urteil etwas leichter sein, einen Kompromiss zu finden“, sagte Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt der „Financial Times Deutschland“. Das Gericht habe einige Leitplanken aufgezeigt. „Der Druck auf die Politik ist größer geworden.“ Mit der Karlsruher Entscheidung werde „in vielen Punkten Rechtssicherheit hergestellt“, lobte der FDP-Bundestagsabgeordnete Stefan Ruppert. Das „bewährte deutsche Wahlrecht“ bleibe in seinen Grundzügen erhalten. „Die Änderungswünsche des Gerichts sind technischer Natur und gut umsetzbar“, versuchte Ruppert die Wogen zu glätten. dapd (Politik/Politik)
Klatsche für die Arroganz der Macht
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Peer-Michael Preß
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