Dülmen. Fördermöglichkeiten für Mechatronik-Projekte standen im Blickpunkt einer Informationsveranstaltung der wfc Wirtschaftsförderung Kreis Coesfeld GmbH am Mittwoch, 4. Juli, in den Räumen der Langguth GmbH in Senden-Bösensell. „Mechatronik – ein Fall für den Mittelstand?“: Unter diesen Titel hatte die wfc den Nachmittag gestellt, und schon in der Begrüßungsrede von Klaus Pekruhl, Geschäftsführer der Langguth GmbH, erhielten die Teilnehmer eine erste, klare Antwort: „Wir bilden selbst jedes Jahr zehn bis zwölf Mechatroniker aus“, sagte der Chef des Herstellers von Etikettiermaschinen und fügte an: „Ich bin mir sicher, dass die Bedeutung dieses Berufsfeldes für den Maschinenbau in den kommenden Jahren weiter steigen wird.“
Ähnlich äußerte sich Moderator Dr. Jürgen Grüner. Er erinnerte an ein mechanisches Konstruktionselement, das noch vor gar nicht langer Zeit in vielfältiger Form im Einsatz war: „Ein Potenziometer ist heute nur noch selten zu finden, längst haben Mechatronik und Steuerungselektronik Einzug in den Alltag gehalten“, sagte er.
„Ob Fahrzeugtechnik, Werkzeugmaschinen oder Medizintechnik: Mechatronik ist überall drin, sie ist eine Leittechnologie der Innovation“, bestätigte Dr. Antonio Nisch. Der Professor für Maschinenbau an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen Bocholt Recklinghausen lieferte seinen Zuhörern zunächst eine präzise Begriffsdefinition: „Mechatronik ist eine Ingenieurwissenschaft, die die Funktionalität eines technischen Systems durch eine enge Verknüpfung mechanischer, elektronischer und datenverarbeitender Komponenten erzielt“, sagte Prof. Dr. Nisch und stellte in der Folge einige aktuelle Projekte vor, in denen kleine und mittlere Unternehmen aus der weiteren Region sowie Hochschulen erfolgreich kooperieren, um auf höchstem Niveau Mechatronik-Projekte zu planen und zu realisieren. Die Beispiele reichten von der Entwicklung einer digital gesteuerten, vollautomatisierten CNC-Machine (computergestützte numerische Steuerung) bis zur Planung des perfekten E-Bikes.
Für Unternehmen im Kreis Coesfeld, die ein eigenes Mechatronik-Projekt ins Rollen bringen wollen, hatte Christian Schepers, Projektleiter der wfc, viele wertvolle Informationen parat. Im Mittelpunkt seines Vortrags stand das EUREGIO-Förderprogramm „Mechatronik für KMU“, das den Einsatz dieser Technologie in kleinen und mittleren Unternehmen unterstützt. Das Konzept sieht eine fünfstufige Förderung vor. In einem Aufschlussgespräch bei der wfc wird zunächst gemeinsam mit dem Unternehmen geklärt, ob der Einsatz von Mechatronik im jeweiligen Zusammenhang sinnvoll ist. Bei einem positiven Ergebnis hilft eine Hochschule den Unternehmen kostenfrei bei der Erarbeitung eines Lösungsvorschlages. In den folgenden Förderphasen kann der finanzielle Zuschuss mehrere zehntausend Euro betragen. So kann beispielsweise eine Machbarkeitsstudie mit bis zu 12.500 Euro und ein Entwicklungsprojekt oder die Entwicklung eines Prototyps mit maximal 60.000 Euro bezuschusst werden. „Im Endeffekt profitiert das Unternehmen von einem abgeschlossenem Projekt oder von einem Prototyp, der projektbezogen weiter verwendet werden kann“, erklärte Innovationsberater Schepers und fügte an: „Die Region gewinnt ebenfalls, denn sie wird noch wettbewerbsfähiger, und Arbeitsplätz werden gesichert oder geschaffen.“
Da das Programm „Mechatronik für KMU“ zu deutsch-niederländischen Kooperationen anregen soll, ist die Beteiligung eines Partners aus dem Nachbarland eine Voraussetzung für die Teilnahme. Nicht lange ließ die Zuhörerschaft mit einer nahe liegenden Frage auf sich warten: „Was ist, wenn wir über keine Kontakte in die Niederlande verfügen?“ Dr. Jürgen Grüner gab prompt die Antwort: „Dann lernen Sie mit unserer Hilfe ein Unternehmen kennen“, sagte er, um danach noch einen weiteren interessanten Aspekt ins Spiel zu bringen: „Wer Geschäfte mit einem holländischen Partner macht, hat es leichter, auf diesem Markt Fuß zu fassen“, sagte er. Aber auch für alle Firmen, die ihr Mechatronik-Projekt nicht gemeinsam mit Partnern aus den Niederlanden realisieren können oder wollen, hatte der Chef der wfc eine gute Nachricht parat: „Es gibt eine Vielzahl von Fördermitteln für den Bereich Forschung und Entwicklung“, erläuterte Dr. Grüner. „Wir stehen Ihnen für ein Beratungsgespräch gern zur Verfügung“, lud er die Anwesenden ein.
Dass mit niederländisch-deutscher Zusammenarbeit durchaus unterschiedliche Mentalitäten zueinanderfinden, dafür gab Angelika van der Kooi, EUREGIO-Projektkoordinatorin „Mechatronik für KMU“, Beispiele aus ihrer Arbeit als Lehrerin diesseits und jenseits der Grenze. Viel spricht dafür, dass die Kooperation der Nachbarn auch im Wirtschaftsleben och mehr Schule machen sollte: „Wenn man die Stärken der Mentalitäten kombiniert, kann man sehr weit kommen“, berichtete Harrie Westerik aus seiner eigenen Erfahrung. Der Projektleiter des in Winterswijk ansässigen Unternehmens Klein Poelhuis Installatietechniek hat mit der Entwicklung eines integrierten Steuerungssystems für die Haustechnik in 61 Nullenergiehäusern in Ulft bewiesen, wie gut der deutsch-niederländische Doppelpass im Rahmen der EUREGIO-Förderung funktionieren kann. „Das Projekt hat uns mit einem Schritt fünf Jahre nach vorn gebracht“, zog er die Bilanz aus der Zusammenarbeit und verwies auf das immense Marktpotenzial, das die Kooperationspartner gemeinsam erschlossen hätten: „Der Einsatz des Systems in 20.000 weiteren Wohnungen ist geplant“, sagte Westerik.