Freiburg (dapd). Ein wegen versuchten Totschlags in drei Fällen angeklagter Neonazi ist in Freiburg freigesprochen worden. Die 1. Kammer des Landgerichts sei nicht wirklich überzeugt davon, dass der 29-Jährige bewusst in eine Gruppe vermummter Antifaschisten hineingefahren sei, sagte die Vorsitzende Richterin Eva Kleine-Cosack am Donnerstag. Der Grundsatz „Im Zweifel für den Angeklagten“ habe auch für Neonazis zu gelten. Bei dem Vorfall im vergangenen Oktober auf einem Parkplatz bei Riegel (Kreis Emmendingen) war ein 21-Jähriger schwer verletzt worden. „Justitia ist nicht auf dem rechten Auge blind“, betonte die Richterin. Aber das Gericht habe ohne Ansehen der Person zu urteilen. „Dass der Angeklagte Neonazi ist, hat in diesem Verfahren keine Bedeutung.“ Es reiche nicht aus, es für möglich zu halten, dass der einschlägig Vorbestrafte den Tod seiner politischen Gegner in Kauf genommen habe, sagte Kleine-Cosack bei der Urteilsbegründung. Der wegen Volksverhetzung und gefährlicher Körperverletzung vorbestrafte 29-Jährige war mit seinem Auto mit Vollgas in die Gruppe von fünf schwarz Vermummten gefahren, die ihn von dem Parkplatz vertreiben wollten. Das Urteil wurde im Gerichtssaal von der linken Szene mit Unmut aufgenommen. Bereits Staatsanwalt Florian Rink hatte in seinem Plädoyer am Montag von einem schwierigen Verfahren gesprochen. Außer Frage steht wohl, dass die kleine Gruppe Linksgerichteter – mit Sturmhauben und Pfefferspray – nicht in friedlicher Absicht auf den im Auto Wartenden zukam. Der junge Mann fungierte als Schleuser für eine rechte Solidaritätsparty in den Weinbergen und könnte in einer überzogenen Notwehrreaktion, einem sogenannten Notwehrexzess, in die Gruppe hineingefahren sein. Eine falsche Reaktion des führenden Mitglieds der Kameradschaft „Südsturm Baden“ unter Einwirkung von Angst und Schrecken sei nicht auszuschließen, befand das Gericht. Außerdem kam die Kammer unter Einbeziehung von Gutachtern und Rechtsmedizin zu dem Ergebnis, dass das schwer verletzte Opfer auf das Auto des Rechtsextremen aufgesprungen ist und nicht angefahren wurde. Dafür spreche unter anderem, dass es keinerlei Verletzungen an den Unterschenkeln gebe. Alle fünf Personen auf der Straße hätten genügend Zeit gehabt, sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. Davon habe auch der flüchtende Neonazi mit einiger Berechtigung ausgehen müssen. Die Staatsanwaltschaft hatte eine dreijährige Gefängnisstrafe wegen versuchten Totschlags und Körperverletzung gefordert. Staatsanwalt Rink will das Urteil prüfen und sagte, eine Revision sei nicht ausgeschlossen. Der Anwalt des Opfers kündigte noch im Gerichtssaal Revision an. dapd (Politik/Politik)
Neonazi von Freiburger Gericht freigesprochen
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Peer-Michael Preß
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