Berlin/Wiesbaden (dapd-hes). Die Diskussion um Staatsversagen bei der Mordserie der Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) hat Hessen mit voller Wucht erreicht. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung steht Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU). Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Sebastian Edathy (SPD), warf dem früheren hessischen Innenminister am Dienstag „Verhinderung von Strafverfolgung im Amt vor“. Die Landesregierung wies die Vorwürfe entschieden zurück. Regierungssprecher Michael Bußer bezeichnete die Unterstellungen als Unverschämtheit. Bouffiers Stellvertreter Jörg-Uwe Hahn (FDP) stellte die Eignung Edathys als Ausschussvorsitzender infrage. Die CDU-Landtagsfraktion legte dem SPD-Politiker nahe, sein Amt als Ausschussvorsitzender niederzulegen. Zudem müsse überprüft werden, ob seine Aussagen den Straftatbestand der Verleumdung erfüllten, sagte der Fraktionsvorsitzende Christean Wagner. Edathy hatte im ARD-„Morgenmagazin“ gesagt, Bouffier habe 2006 als hessischer Innenminister die polizeilichen Ermittlungen im Fall des in Kassel von Neonazis getöteten Halit Yozgat behindert. Die Ermittler seien nach dem Mord auf einen hauptamtlichen Verfassungsschutzmitarbeiter aufmerksam geworden. Eine Kooperation mit der Polizei habe der Verfassungsschutz verweigert, da es aus Sicht der Behörde „nur“ um einen Mord gegangen sei. Am Ende habe Innenminister Bouffier darüber entschieden und „es so gesehen wie die Verfassungsschützer“, betonte Edathy. Dies sei ein „drastisches Beispiel“ politischer Versäumnisse während der Mordserie der NSU. Bußer nannte den Vorwurf der Behinderung der Strafverfolgung „geradezu absurd“. Er betonte, dass es zum damaligen Zeitpunkt nach Abstimmung mit den Sicherheitsexperten zwingende Gründe gegeben habe, den Quellenschutz zu beachten. Trotzdem sei ein Weg gefunden worden, wie diese Quellen trotzdem befragt werden konnten. Bußer warf Edathy vor, bewusst seine Neutralität zu verletzen und aus politischen Motiven unhaltbare Behauptungen aufzustellen. Hahn sagte, er habe noch nie erlebt, dass ein Vorsitzender eines solchen Ausschusses „in einer solchen Dreistigkeit eine solche Bewertung vorgenommen hat, bevor Zeugen befragt wurden“. Der Bundestag solle „sich gut überlegen“, ob ein Untersuchungsausschuss unter einer solchen Leitung noch objektiv sei. Dagegen forderte die SPD-Fraktion im hessischen Landtag, die Landesregierung müsse ihre Blockadehaltung bei der Aufklärung der NSU-Morde endlich aufgeben. Bouffier solle sein Schweigen brechen und seine Vorgehensweise erklären. Die Linksfraktion betonte, da Bouffier nach derzeitigem Kenntnisstand die „Interessen des Geheimdienstes über die Aufklärung von Neonazi-Terror gestellt hat, muss er dafür juristisch und politisch zur Verantwortung gezogen werden“. Es wird erwartet, dass der Ministerpräsident vor dem NSU-Untersuchungsausschuss aussagen muss. In dieser Frage verwies Bußer auf die Zuständigkeit des Ausschusses. Das parlamentarische Gremium des Bundestages hat noch keinen Beschluss zur Vorladung des hessischen Ministerpräsidenten gefasst. dapd (Politik/Politik)
Schwere Vorwürfe: Bouffier soll Terror-Ermittlungen behindert haben
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Peer-Michael Preß
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