eCommerce lohnt sich nicht

Unseren Innenstädten droht ein erheblicher Kaufkraftverlust. Schon in wenigen Jahren wird mindestens jeder fünfte Einkauf von Endverbrauchern online getätigt, prognostizieren Branchenkenner. Besonders stark betroffen von dieser Kanalverschiebung sind ländlich geprägte Regionen wie das Münsterland. Darauf weist der eCommerce-Experte Marcus Diekmann in dem von ihm herausgegebenen Buch „eCommerce lohnt sich nicht“ hin.

Der Titel ist bewusst provokativ gewählt. Doch Marcus Diekmann besteht darauf, dass die Aussage „im Kern zutrifft“. In vielen Geschäftsmodellen, die heute am Markt sind, lasse sich eCommerce nicht oder nur sehr schwierig wirtschaftlich tragfähig gestalten. „Dennoch muss ein Handelsunternehmen den Online-Markt bedienen, will es nicht Gefahr laufen, Kunden auch in den traditionellen Kanälen zu verlieren.“

Ein Dilemma, auf das der eCommerce-Kenner aus Gescher nicht müde wird hinzuweisen. Zusammen mit rund 40 weiteren Experten hat er jetzt ein Buch geschrieben, das die Entwicklung des Handels und des eCommerce analysiert und mögliche Wege aus dem oben beschriebenen Dilemma aufzeigt. „Viele Handelsunternehmen sind auf die absehbare Entwicklung nicht vorbereitet“, konstatiert Diekmann. „Sie sollten sich ebenso wie die Kommunen, deren Innenstädte auszubluten drohen, so schnell und intensiv wie möglich mit dem Thema befassen.“

Schon heute werden nach seiner Aussage 17 Prozent aller Kaffee-Vollautomaten für Haushalte online bestellt. Die Textilbranche realisiere derzeit rund acht Prozent ihrer Wertschöpfung über das Internet – und die Zeichen stünden klar auf Wachstum. „Große Portale wie Facebook, Amazon oder Zalando (www.zalando.de) befinden sich auf einem beispiellosen Siegeszug. Ihr Hunger nach mehr Umsatz stößt auf die wachsende Bereitschaft der Verbraucher, online einzukaufen.“

Für den stationären Handel und für die Einkaufszonen vor allem kleinerer Städte und Gemeinden könnte dieser Trend existenzbedrohend werden, warnt Diekmann. „Wir beobachten ja schon seit Jahren, dass große Einkaufszentren wie das CentrO in Oberhausen oder die Thier Galerie in Dortmund boomen, und dass die Konsumenten vom Land in die größeren Städte wie Münster abwandern, weil dort das Angebot einfach größer und umfassender ist.“ Die Kanalverschiebung hin zum Online-Handel werde diesen Trend noch verstärken. „Das Internet ist quasi Vollsortimenter, das nächste Angebot ist nur einen Klick entfernt.“ Parallel zu diesem Boom aber müsse jedes Handelsunternehmen, das auf den Online-Zug aufspringen will, wissen, „dass es ausgesprochen schwierig ist, die Gewinnzone zu erreichen. Die meisten Markenshops rechnen sich heute noch nicht. Zu hohe Kosten für Retouren oder Medialeistung, aber auch ein extremer Preiskampf, etwa in der Elektrobranche, drücken auf die Margen.“

Der klassische Handel laufe Gefahr, Marktanteile an die neuen Mitspieler wie Amazon oder Zalando (www.zalando.de) zu verlieren, und zugleich in ein Geschäftsfeld zu investieren, das sich nicht rechnet und deshalb die Profitabilität des ganzen Unternehmens gefährdet. Ein Drahtseilakt.

Grundsätzlich, so Marcus Diekmann, müsse wer online erfolgreich sein will, investiv vorgehen und bestimmte Umsatzgrößen erreichen. „Bei der Textilbranche zum Beispiel muss ein Online-Shop in der Regel zwischen drei und vier Millionen Euro pro Jahr erreichen, um profitabel sein zu können.“ Großen regionalen Platzhirschen gibt der Experte auf den Weg: „Sie können in Ihrer Region solide Geschäfte machen. Wenn Sie diese aber ins Internet übertragen wollen, sehen Sie sich plötzlich einem bundesweiten Wettbewerb mit ganz anderen Unternehmen und Preisstrukturen gegenüber. Die neuen 1a-Lagen sind Online-Marktplätze oder Top-Rankings in den Suchmaschinen – die im Übrigen bereits von den großen `Pure Playern´ besetzt sind.“

Für den regional geprägten, stationären Handel sehe er im Grunde zwei Chancen, das Internet für sich zu nutzen: „Wenn ich das als Service-Kanal begreife, über den ich meinen regionalen Kunden einen zusätzlichen Mehrwert biete und sie so an mich binde, dann habe ich gute Chancen, die Effekte der Kanalverschiebung für mein Unternehmen zu neutralisieren.“ Die zweite Möglichkeit sei, sich als Nischenanbieter zu positionieren. „Als solcher muss ich ein klar umrissenes Sortiment bieten, mit besonderen Service-Leistungen und hoher Beratungskompetenz.“ 

Veröffentlicht von

Peer-Michael Preß

Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de

Ein Gedanke zu „eCommerce lohnt sich nicht“

  1. „In vielen Geschäftsmodellen, die heute am Markt sind, lasse sich eCommerce nicht oder nur sehr schwierig wirtschaftlich tragfähig gestalten. „Dennoch muss ein Handelsunternehmen den Online-Markt bedienen, will es nicht Gefahr laufen, Kunden auch in den traditionellen Kanälen zu verlieren.“

    -> Wenn sich das Geschäftsmodell nicht als E-Commerce umsetzen lässt, müsste das Unternehmen doch nicht zwingend Angst haben, Kunden zu verlieren. Die Konkurrenz im selben Feld hat doch dann genauso Schwierigkeiten ins Internet zu kommen. Dadurch hat niemand einen wirklichen Verlust, wenn er an den momentanen Strukturen festhält.
    Oder sehe ich das falsch?

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