Dessau/Magdeburg (dapd-lsa). In der Affäre um angeblichen Fördermittelbetrug im Raum Dessau-Wittenberg und Spenden verdächtigter Unternehmer an die CDU wächst der Druck auf die Partei. Der Vorsitzende der Linken-Landtagsfraktion, Wulf Gallert, forderte im dapd-Gespräch Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu der Frage, ob es einen Zusammenhang zwischen Spendenzahlungen und Förderungen gegeben habe. Die Grünen-Landesvorsitzende Cornelia Lüddemann verlangte eine lückenlose Aufklärung der Spendenpraxis im CDU-Kreisverband Dessau-Roßlau.
Da im Zusammenhang mit dem fragwürdigen Umgang mit Fördermitteln auch gegen einen Mitarbeiter des Wirtschaftsministeriums ermittelt wird, sagte Lüddemann der dapd: Es stelle sich die Frage, „wer damals im Ministerium für was zuständig war“. Wirtschaftsminister war in den fraglichen Jahren der heutige Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU). Hintergrund der Forderungen sind Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Halle zu dem Verdacht, dass im Raum Dessau-Wittenberg in den Jahren 2005 bis 2007 Fördermittel von Bund, Land und EU in großem Maße veruntreut worden sind. Das Geld soll für Weiterbildungskurse von Arbeitnehmer beantragt und abgerechnet worden sein. Diese Kurse haben jedoch nach Aussagen angeblicher Teilnehmer nicht oder nicht im abgerechneten Umfang stattgefunden. Ermittlungen gegen 15 Beschuldigte Im Fokus der seit 2008 laufenden Ermittlungen wegen Betrugsverdachts stehen der ehemalige CDU-Ortsverbandschef von Dessau-Mitte, Dietmar Baumung, und der frühere CDU-Fraktionsvorsitzende im Stadtrat von Dessau-Roßlau, Hans-Werner Pohl. Auch gegen den Betonunternehmer Torsten Fenger, ehemals CDU-Fraktionsvorsitzender im Kemberger Stadtrat, laufen Ermittlungen. Insgesamt ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen 15 Beschuldigte, darunter ein damals mit Fördermittelanträgen befasster Beamter aus dem Wirtschaftsministerium. Pohl antwortete auf dapd-Anfragen zu dem Komplex nicht. Baumung wollte angesichts der laufenden Ermittlungen keine Auskunft geben. Fenger schrieb, dass ihm in diesem Zusammenhang Ermittlungen gegen ihn wegen eines Anfangsverdachts in Einzelfällen bekannt seien, was ihn überrasche. Weiter wolle er angesichts des laufenden Ermittlungsverfahrens nicht äußern. Aus dem Kreis der Verdächtigen sind nach dapd-Recherchen auch Spenden in den CDU-Kreisverband geflossen. Der CDU-Landtagsabgeordnete und Kreisverbandschef Jens Kolze legte auf Anfrage aber Wert auf die Feststellung, dass alle Spenden auf Konten der CDU ordnungsgemäß verbucht und ausgewiesen worden seien. Die Sorge, dass diese Fördermittelaffäre auch für Haseloff gefährlich werden könnte, hatten Ortsfunktionäre bereits im Frühjahr 2010 in einem Brandbrief an CDU-Landeschef Thomas Webel formuliert. Sie fürchteten, der parteiinterne Umgang mit dem Fördermittelskandal könnte nicht nur für den CDU-Kreisverband eine Gefahr darstellen, sondern auch für den damaligen Wirtschaftsminister Haseloff. In dem Papier, das dapd in Kopie vorliegt, warnen die Autoren: „Besondere Brisanz liegt darin, dass Herr Dr. Haseloff als Minister betroffen ist“. Weiter heißt es: „Die Fördermittel, um die es geht, stammen aus seinem Ressort.“ Das Landesverwaltungsamt unterstehe hier seiner Fachaufsicht. CDU-Politiker misstrauten ihrem Kreisvorsitzenden Ihren Kreisvorsitzenden, Jens Kolze, und dessen Stellvertreter, Stefan Exner, umgingen die Autoren mit ihrem Brief. Webel schrieben sie: „Wir wenden uns an Sie, weil wir nicht sicher sein könnten, dass der Kreisvorsitzende der CDU Dessau-Roßlau, Jens Kolze, und dessen Stellvertreter Herr Dr. Exner noch mit der notwendigen Objektivität handeln.“ Für Linken-Fraktionschef Gallert ist losgelöst von den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft schon bisher zumindest ein skandalöser Vorgang offenkundig: „Es ist bisher unbestritten, dass ein IHK-Mitarbeiter bei Gesprächen über Fördermittel auch um Spenden für die CDU geworben hat. Das ist ein Missbrauch der IHK als öffentlich-rechtliche Körperschaft zugunsten einer Partei“, sagte Gallert der Nachrichtenagentur dapd. Unabhängig davon, ob der Erhalt von Subventionen von Spendenzahlungen abhängig gemacht wurde oder nicht, musste, so Gallert, „doch der Eindruck entstehen, dass man besser an Fördergeld kommt, wenn man spendet.“