Osnabrück/Ostercappeln. Es klingt nach Klischee, kommt aber immer wieder vor: Hochqualifizierte Kräfte, die nach Deutschland eingewandert sind, fahren für ihren Lebensunterhalt Taxi, weil sie ihre gelernte Tätigkeit nicht ausüben dürfen. Die Anerkennung von im Ausland erworbenen Berufs- oder Studienabschlüssen ist ein Ansatzpunkt des Kompetenzzentrums Migration. Die MaßArbeit eingerichtet hat es eingerichtet, um Menschen mit Zuwanderungsgeschichte beim Sprung ins Berufsleben zu helfen. Wie das funktionieren kann zeigt das Beispiel von Raisa Wulf.
„Der Fachkräftemangel zeichnet sich immer deutlicher ab. Insofern ist dieser Schritt auch im Interesse der Wirtschaft“, sagt MaßArbeit-Vorstand Siegfried Averhage. Doch so notwendig dieser Schritt auch ist, so schwierig gestaltet er sich häufig, wie Raisa Wulf feststellen musste. Seit 2010 ist sie pädagogische Mitarbeiterin der Ludwig-Windthorst-Schule in Ostercappeln und übernimmt dreimal wöchentlich die Hausaufgabenbetreuung für die Fünft- bis Neuntklässler. Anders sah es Ende 2003 aus, als sie mit ihrer Familie von Russland nach Deutschland ausgewandert war. In ihrem Geburtsland war sie 30 Jahre lang als Mathematiklehrern tätig – und profitierte davon in ihrem neuen Heimatland zunächst kein bisschen. „Ich habe alle Dokumente gesammelt, aber keine Anerkennung bekommen“, erzählt sie.
Doch in den vergangenen Jahren haben sich im Osnabrücker Land zunehmend Strukturen entwickelt, auf die Zuwanderer aufbauen können. Hier ist zunächst das 2010 von der MaßArbeit eröffnete Kompetenzzentrum Migration zu nennen, das bei der Vermittlung von Sprachkursen, der Förderung von Existenzgründern oder eben bei der Anerkennung von beruflichen Abschlüssen hilft. Mittlerweile ist die MaßArbeit auch zuständig für das sogenannte IQ Netzwerk („Integration durch Qualifizierung“) Niedersachsen.
Das Regionale Netzwerk Niedersachsen fördert die Beratungsstelle zur beruflichen Anerkennung der BUS GmbH, ein Unternehmen der Handwerkskammer Osnabrück-Emsland. Dieses unterstützt Migranten im beruflichen Anerkennungsprozess. So konnte Beraterin Katharina Loose auch Raisa Wulf helfen und den Kontakt zur Ludwig-Windthorst-Schule herstellen. Die BUS GmbH informiert zum Beispiel darüber, welche Anerkennungsbehörde zuständig ist, vermittelt passende Qualifizierungen oder hilft beim Zusammenstellen von notwendigen Dokumenten. „Für viele Betroffene ist es enttäuschend, wenn sie nicht den Sprung in ihren Ausbildungsberuf oder in ein ähnliches Berufsfeld schaffen. Je länger die Pause, umso schwieriger ist der Wiedereinstieg“, sagt die Beraterin.
Wie wichtig die Unterstützung ist, betont auch Rainer Bußmann, Leiter des IQ Netzwerks Niedersachsens: „Es geht nicht nur um die berufliche Anerkennung, sondern auch um die Anerkennung der persönlichen Leistungen der Betroffenen.“ Darüber hinaus sei es vor dem Hintergrund des demographischen Wandels dringend notwendig, die Potentiale der Zuwanderer zu nutzen, so Bußmann.