Berlin (dapd). Die Regierung will noch vor der Sommerpause die europäische Schuldenbremse durch den Bundestag und den Bundesrat bringen. Dieses Ziel hat Kanzlerin Angela Merkel am Wochenende bekräftigt. SPD und Grüne sträuben sich aber: Sie wollen den Fiskalpakt mit seinen strengen Sparvorgaben um eine Wachstumskomponente erweitern und verlangen eine Umsatzsteuer auf Finanzgeschäfte. Auf EU-Ebene steht Spanien weiter unter Druck. Deutschland will das überschuldete Land nun angeblich unter den Euro-Rettungsschirm EFSF drängen. Einem Bericht zufolge wird zudem an einer Radikalreform der EU gearbeitet.
Merkel begrüßte ausdrücklich, dass die Iren in einem Referendum den Fiskalpakt ratifiziert haben. „Und jetzt wird es ja vielleicht auch möglich sein, dass wir das in Deutschland schaffen“, sagte die CDU-Chefin am Samstag in Berlin vor Kreisvorsitzenden ihrer Partei. „Wir wollen das – wir wissen, dass wir dafür eine Zwei-Drittel-Mehrheit brauchen – vor der Sommerpause schaffen“, sagte Merkel.
SPD-Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier machte die Zustimmung seiner Partei von einer Besteuerung von Börsengeschäften abhängig. „Wir brauchen eine klare Entscheidung des Kabinetts zur Besteuerung der Finanzmärkte. Sonst werden viele dem Fiskalpakt nicht zustimmen können, erst recht nicht die SPD“, sagte Steinmeier der „Bild am Sonntag“. Eine reine Absichtserklärung Merkels reiche nicht. Zudem seien „wachstumsfördernde Impulse, die Arbeitsplätze sichern“ als Ergänzung unumgänglich. Auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast verlangte, den Fiskalpakt um eine Wachstumskomponente zu erweitern.
Kanzlerin Merkel braucht für die Zustimmung zum Fiskalpakt in Bundestag und Bundesrat eine Zwei-Drittel-Mehrheit.
Finanzminister Wolfgang Schäuble mahnte die Zustimmung der Bundesländer an. „Ich warne die Länder davor, beim Fiskalpakt weiter zu taktieren“, sagte Schäuble der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Der Vertrag und der daran gekoppelte Rettungsschirm ESM seien von größtem Interesse für Deutschland und Europa.
Vor allem von SPD und Grünen geführte Landesregierungen befürchten, dass der Fiskalpakt die zwischen Bund und Ländern bereits vereinbarte Schuldenbremse deutlich anzieht. Der Bundesfinanzminister widersprach: „Es wird keine substanzielle Beschränkung des Handlungsspielraums der Länder durch den Fiskalpakt geben“, sagte er. „Der Fiskalvertrag schränkt die Länder nicht mehr ein, als es das Grundgesetz eh schon tut.“
Laut „Spiegel“ will die Bundesregierung das überschuldete Spanien unter den Euro-Rettungsschirm EFSF drängen. Diese Linie hätten Merkel und Finanzminister Wolfgang Schäuble Anfang vergangener Woche verabredet. Nach Einschätzung der beiden CDU-Politiker sei das Land allein nicht in der Lage, die Schieflage seiner Banken zu beheben.
Auf diese Weise wolle die Bundesregierung die Gefahr eindämmen, dass sich die Euro-Krise nach einem möglichen Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone in den angeschlagenen südlichen Ländern der Währungsunion verschärfe. Experten der Bundesregierung rechnen dem Bericht zufolge damit, dass die spanische Bankenwirtschaft eine Kapitalspritze in Höhe von 50 bis 90 Milliarden Euro benötigt.
Die Zeitung „Welt am Sonntag“ berichtete, dass die Spitzen der europäischen Institutionen an einer grundlegenden Erneuerung der EU arbeiten. EU-Ratspräsident Herman van Rompuy, Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso, der Eurogruppen-Vorsitzende Jean-Claude Juncker und der Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, planten eine Fiskalunion, eine Bankenunion, eine politische Union und Strukturreformen.
Das Blatt schrieb, die vier Spitzenvertreter wollten auf dem EU-Gipfel Ende Juni einen Fahrplan präsentieren, den die Staats- und Regierungschefs bis Ende des Jahres offiziell beschließen sollten.
Die Zeitung berichtete, einige Beteiligte hielten es für sinnvoll, Vorschläge wie die Bankenunion oder die Fiskalunion für die 17 Euro-Staaten auszuarbeiten. Barroso dagegen dringe darauf, eine neue Architektur für alle 27 EU-Staaten zu entwerfen.