Frankfurt/Main (dapd-hes). Der scheidende Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann sieht große Herausforderungen auf seine Nachfolger zukommen. „Mit Blick auf den weiteren Jahresverlauf müssen wir Vorsicht walten lassen“, sagte der Manager am Donnerstag auf der Hauptversammlung des Geldinstituts in Frankfurt am Main. Die Wachstumsdynamik in Asien zeige gewisse Ermüdungserscheinungen, und auch in Deutschland trübe sich die Erwartung der Unternehmen inzwischen wieder ein.
Doch ist Deutschlands größtes Geldinstitut nach Einschätzung Ackermanns für die Herausforderungen der Zukunft gerüstet. Er übergebe die Bank „in guter Verfassung“ an seine Nachfolger, den bisherigen Chef der Investmentbanking-Sparte Anshu Jain und den bisherigen Deutschland-Chef Jürgen Fitschen, zog der 64-jährige Schweizer an seinem letzten Arbeitstag Bilanz. Die Deutsche Bank sei im vergangenen Jahr „noch stärker und stabiler geworden, als sie es ohnedies schon war“.
Wachstumsperspektiven für das Geldinstitut sieht Ackermann künftig nicht zuletzt in den Schwellenländern. Die Deutsche Bank habe Asien schon früh für sich entdeckt und sei dort heute hervorragend positioniert, um von dem weiter hohen Wachstum der Region und dem wachsenden Wohlstand der Bevölkerung nachhaltig zu profitieren. Auch in den Schwellenländern Lateinamerikas und im Nahen Osten wolle der Konzern seine Position weiter ausbauen.
„Die Deutsche Bank ist eine erste Adresse, sie steht gut da, national wie international. Und sie ist für die Zukunft gut gerüstet“, betonte Ackermann am Ende seiner Rede.
Scharfe Kritik am Aufsichtsrat
Der Schweizer erhielt von den rund 7.000 Aktionären und Beobachtern in der Frankfurter Festhalle nach seiner Abschiedsrede stehende Ovationen für seine Arbeit. Dank seiner Strategie sei die Deutsche Bank „als Gewinnerin aus der Finanzkrise hervorgegangen“, lobte Aufsichtsratschef Clemens Börsig ungeachtet früherer Animositäten. Klaus Nieding von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) rechnete vor, in der Ära Ackermann habe die Bank insgesamt 27,8 Milliarden Euro verdient und über zehn Milliarden Euro ausgeschüttet.
Doch soviel Lob es für den Vorstandsvorsitzenden gab, soviel Kritik übten die Aktionärsvertreter am Aufsichtsrat für die misslungene Suche nach einem Nachfolger für den Schweizer. Hans-Christoph Hürth vom britischen Finanzinvestor Hermes drängte darauf, dem Kontrollgremium wegen der desaströsen Personalplanung die Entlastung zu verweigern. Ähnlich äußerten sich auch zahlreiche andere Aktionärsvertreter.
Breiten Raum nahm auf der Hauptversammlung die Kritik an „unethischen“ Engagements der Frankfurter Großbank ein – etwa an Spekulationen mit Grundnahrungsmitteln oder an Geschäftsbeziehungen zu Streubombenherstellern.
Ackermann wies diese Vorwürfe allerdings zurück. „Kein Geschäft darf es uns wert sein, den Ruf und die Glaubwürdigkeit der Bank aufs Spiel zu setzen“, sagte er. Die Deutsche Bank habe deshalb die Geschäftsbeziehungen zu Unternehmen eingestellt, die an der Produktion von Streubomben beteiligt seien. Angesichts der Vorwürfe, die eigenen Aktivitäten trügen zum Hunger in der Welt bei, habe die Bank außerdem beschlossen, vorerst keine neuen börsengehandelten Anlageprodukte auf der Basis von Grundnahrungsmitteln mehr aufzulegen.