Berlin (dapd). Trotz des Drucks von Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr wollen die gesetzlichen Krankenversicherungen weiterhin keine Prämien ausschütten. Es brauche da auch keine neuen gesetzgeberischen Regelungen, betonte der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz, am Montag im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dapd in Berlin.
Die Kassen entschieden „eigenverantwortlich und sehr sorgfältig“ darüber, ob sie Zusatzbeiträge nähmen oder Prämien ausschütteten. „Dieses Prinzip hat sich bewährt.“ Unterstützung erhalten die Kassen von der Opposition – und der CSU.
Bahr hatte zuvor gedroht, dass der Gesetzgeber handeln müsse, sollten die Kassen nicht von selbst Prämien auszahlen. „So könnten Versicherte spätestens in 2013 profitieren“, sagte der FDP-Politiker der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Darüber werde derzeit in der Koalition beraten. Es sei aber „sicherlich besser, wenn Kassen selbst entscheiden“, fügte er hinzu.
Die gesetzlichen Krankenkassen verfügen derzeit über ein Finanzpolster von insgesamt 19,5 Milliarden Euro. Zehn Milliarden haben die Kassen selber angespart und 9,5 Milliarden liegen als Überschuss im Gesundheitsfonds. Bereits im Februar hatte Bahr die Kassen aufgefordert, Beiträge zurückzuerstatten. Bislang ohne spürbaren Erfolg.
Zuletzt sah sich gar das Bundesversicherungsamt dazu genötigt, unter Androhung von „aufsichtsrechtlichen Verfahren“ drei Krankenversicherungen zur Prämien-Ausschüttung zu ermahnen. Die Techniker Krankenkasse (TK), die Hanseatische Krankenkasse (HEK) und die IKK Gesund wurden angeschrieben und aufgefordert, bis zum 8. Juni zu erklären, ob sie Gelder an Versicherungen zurückerstatten wollten. Die TK verwies am Montag auf die eigene Finanzhoheit und Selbstverwaltung. Ob Prämien ausgeschüttet würden, müsse intern entschieden werden, betonte TK-Sprecherin Dorothee Meusch auf dapd-Anfrage.
Die CSU schlägt sich unverhofft auf die Seite der Kassen gegen Bahr. „Die Krankenkassen haben die Finanzhoheit über ihr Beitragsaufkommen, sie stehen im Wettbewerb und entscheiden selbst, ob sie Prämien ausschütten oder zusätzliche Leistungen anbieten“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der CSU-Landesgruppe, Max Straubinger. Wettbewerb und Autonomie der Kassen dürften nicht „durch gesetzlichen Zwang ausgehöhlt werden“.
Kritik an Bahrs Vorgehen kommt auch aus der Opposition. Die Kassen jetzt mit gesetzgeberischen Maßnahmen zur Prämien-Ausschüttung zu zwingen sei „absurd, da das Problem hausgemacht ist“, sagte der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Karl Lauterbach auf dapd-Anfrage. Die hohen Überschüsse fielen überhaupt nur an, weil Bahr sich einer grundsätzlichen Reform des Finanzierungssystems verweigere. Ähnlich äußerte sich die Linke.
Aus dem Gesundheitsministerium hieß es unterdessen, neben gesetzgeberischen Maßnahmen gebe es auch andere Möglichkeiten, die Kassen zur Rückerstattung von Beiträgen zu bringen. So könnte etwa die Veröffentlichungspflicht für die Bilanzen der Kassen vorgezogen werden. Dies wäre ein „sanfterer Weg“, hieß es. Zudem könnten die Versicherten auch beispielsweise durch ein Ende der Praxisgebühr von den üppigen Rücklagen der Kassen profitieren.