Parteien kritisieren inhaltliche Lücken der Piraten

Köln/Berlin (dapd). Die Piratenpartei muss wegen ihres weitgehenden Verzichts auf inhaltliche Debatten auf dem Parteitag Kritik einstecken. Die SPD schloss am Montag eine Koalition mit den Piraten im Bund aus. Der neue Piraten-Vorsitzende Bernd Schlömer will sich derweil nicht in eine Richtung drängen lassen. Die Piraten hätten „keine natürlichen Koalitionspartner“, sagte der 41-Jährige.

Schlömer war am Wochenende auf dem Parteitag zum neuen Vorsitzenden der Piraten gewählt worden. Inhaltliche Debatten wurden auf dem Treffen in Neumünster weitestgehend vertagt.

Die Piraten hätten derzeit „keine Idee, wie sie eine bessere Zukunft gestalten wollen“, kritisierte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles. Der Aufwind der Piraten in Umfragen sei „noch nicht inhaltlich fundiert“. Die Frage nach einer Koalition im Bund stelle sich nicht, fügte sie in der „Passauer Neuen Presse“ hinzu.

Der Fraktionsvorsitzende der FDP, Rainer Brüderle, hat ebenfalls „ein Problem, wenn es unpolitisch wird“, wie er der „Neuen Westfälischen“ sagte. Der Grünen-Parteivorsitzende Cem Özdemir zeigte sich erstaunt, wie ungewöhnlich viel Zeit die Piraten auf ihrem Parteitag mit Debatten über eine Regierungsbeteiligung verbracht hätten und nicht damit, ihre programmatische Lücken zu füllen. In der Politik sollte man aber erst klären, wofür man sei, um es dann umzusetzen, sagte Özdemir in Berlin. Er warnte mit Blick auf die bevorstehenden Wahlen, Stimmen für die Piraten führten zu großen Koalition. „Man sollte mit der Stimme nicht experimentieren“, appellierte Özdemir an die Wähler.

Gelassenheit demonstrierte der FDP-Spitzenkandidat für Schleswig-Holstein, Wolfgang Kubicki, wenige Tage vor der Landtagswahl. „Dass die Piraten derzeit auf einer großen Welle schwimmen, nehmen wir ohne Sorge zur Kenntnis“, sagte Kubicki „Handelsblatt Online“. Er fügte hinzu: „Wellen ebben früher oder später ab, spätestens, wenn sie auf die Küste treffen.“ Die Liberalen seien zudem die „besseren Freiheitskämpfer und haben vernünftige Inhalte“. Er sehe auch niemanden bei den Piraten, „mit dem man tatsächlich ernsthaft inhaltlich diskutieren könnte.“

Vom Erfolg der Piraten profitieren könnte auch die Union. Der Mainzer Parteienforscher Jürgen Falter sieht bei einem Einzug der Piraten in den Bundestag Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Vorteil. „Wenn die Piraten mit der jetzigen Umfragestärke in den Bundestag einziehen, ist die große Koalition die wahrscheinlichste Regierungskonstellation“, sagte Falter der „Passauer Neuen Presse“. Als Regierungspartei kann sich der Politologe die Piraten nur schwer vorstellen. „Niemand wird sich um die Piraten reißen“, sagte Falter.

Nach Einschätzung des nordrhein-westfälische CDU-Spitzenkandidaten Norbert Röttgen wird der mögliche Einzug der Piraten in den NRW-Landtag eine rot-grüne Mehrheit vereiteln. „Indem SPD und die Grünen die Menschen nicht ernst nehmen, stärken sie die Piraten“, sagte Röttgen der „Bild“-Zeitung.

Der neue Parteichef Schlömer will seine Partei über ihre Kernthemen hinaus verstärkt auch zu anderen politischen Themen positionieren. Der Vorstand „sollte durchaus den Mut haben“, sich zu aktuellen politischen Fragen zu äußern, sagte der Parteichef „Welt Online“. Als Beispiel nannte er Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine.

Ein Bundestagsmandat strebt Schlömer, der Regierungsdirektor im Bundesverteidigungsministerium ist, 2013 nicht an. Er sehe seine Zukunft in keinem Parlament, sagte der 41-Jährige, der für ein Jahr zum Parteichef gewählt worden war. Er könne nur jahresweise entscheiden. Er möchte sich nicht für vier Jahre auf ein Bundestagsmandat konzentrieren. „Ich fühle mich als Bundeswehrbeamter geborgener“, sagte Schlömer.

Er unterstützte auch, dass die Bundeswehr eine Parlamentsarmee ist, also Auslandseinsätze durch den Bundestag legitimiert werden müssen. Wenn der Bundestag eine solche Entscheidung treffe, dann könne er damit auch leben. Sollte seine Partei Einsätze ablehnen, was Schlömer zufolge noch ungeklärt ist, dann werde er als Vorsitzender das „natürlich nach außen vertreten“.

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Peer-Michael Preß

Peer-Michael Preß – Engagement für die Unternehmerinnen und Unternehmer in der Region seit fast 20 Jahren. Als geschäftsführender Gesellschafter des Unternehmens Press Medien GmbH & Co. KG in Detmold ist er in den Geschäftsfeldern Magazin- und Fachbuchverlag, Druckdienstleistungen und Projektagentur tätig. Seine persönlichen Themenschwerpunkte sind B2B-Marketing, Medien und Kommunikationsstrategien. Sie erreichen Peer-Michael Preß unter: m.press@press-medien.de www.press-medien.de

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