Berlin (dapd). Die Deutschen werden älter und leben länger. Die Regierung will mit einer ressortübergreifenden Kraftanstrengung den Herausforderungen dieser alternden Gesellschaft begegnen. Das Kabinett verabschiedete am Mittwoch eine Demografiestrategie, die unter Leitung des Bundesinnenministeriums entwickelt wurde und viele Ressorts betrifft.
Die Bevölkerungszahl in Deutschland wird aufgrund der kontinuierlich steigenden Lebenserwartung und dauerhaft niedriger Geburtenzahlen weiter sinken. Gleichzeitig steigt das durchschnittliche Alter der Bevölkerung.
„Wir werden weniger und wir werden älter. Diese beiden Tatsachen werden in allen Lebensbereichen ankommen und jeden berühren“, sagte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) in Berlin. Es sei die Aufgabe des Staates, den gesellschaftlichen Wandel zu gestalten, damit die Chancen eines länger werdenden Lebens auch genutzt werden könnten. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Dienstag bei einer Tagung zur Demografie einen stärkeren Zusammenhalt der Generationen angemahnt. Die Veränderungen einer immer älter werdenden Gesellschaft verdienten „allerhöchste Aufmerksamkeit“ und würden in ihrer historischen Dimension oft unterschätzt, hatte die CDU-Vorsitzende deutlich gemacht.
Unter der Überschrift „Jedes Alter zählt“ werden in dem Papier Vorschläge gemacht, wie den Folgen der Überalterung begegnet werden kann. So soll unter anderem die Zuwanderung qualifizierter Arbeitskräfte aus dem Ausland gestärkt und eine frühere Familiengründung von Paaren in Deutschland – auch durch eine bessere Kinderbetreuung – gefördert werden. Die „Rush-Hour“ des Lebens, also die Zeit des Kinderkriegens und des beruflichen Fortkommens, soll entzerrt werden. Ausdrücklich begrüßte wird in dem Papier die Rente mit 67. Auch will die Regierung Pflegeangebote ausbauen und die ländlichen Räume stärke. Kinder und Jugendliche aus sogenannten bildungsfernen Haushalten sollen gefördert werden.
Der Präsident des Deutschen Landkreistages, Hans Jörg Duppré, sagte, es sei richtig, in einen dauerhaften Dialog vor allem mit den Kommunen einzutreten, da die demografischen Veränderungen ganz konkret in Städten, Landkreisen und Gemeinden spürbar würden. Der Deutsche Familienverband warnte die Bundesregierung vor Resignation: „Die demografische Entwicklung ist kein unabwendbares Schicksal. Demografie ist gestaltbar, wenn wir jungen Menschen Mut machen, sich für die Gründung einer Familie und auch für mehrere Kinder zu entscheiden. Wir brauchen Mutmacher für Familie“, forderte Verbandspräsident Klaus Zeh. Dafür fordert Zeh, die Anliegen von Familien bei politischen Entscheidungen und im Wahlrecht besser zu berücksichtigen.
Die Linkspartei hielt dagegen mit Kritik nicht hinterm Berg. Die Demografiestrategie der Bundesregierung sei das Papier nicht wert, auf dem sie gedruckt ist, „denn ihre tatsächliche Politik steht in krassem Widerspruch zu den darin formulierten Zielen“, bemängelte Matthias W. Birkwald, der rentenpolitische Sprecher der Links- Fraktion.
Die Bevölkerungszahl Deutschlands ist nach Angaben aus dem Innenministerium seit 2003 rückläufig und betrug im März 2011 etwa 81,7 Millionen. Unter der Annahme gleich bleibender Geburtenraten und eines Wanderungsüberschusses (Zuzügen von Menschen aus dem Ausland nach Deutschland abzüglich der Auswanderer) von 100.000 beziehungsweise 200.000 Menschen wird sich die Bevölkerung auf 65 beziehungsweise 70 Millionen Menschen im Jahr 2060 reduzieren. Das Geburtenniveau ist in Deutschland dauerhaft niedrig, gegenwärtig bekommen Frauen im Durchschnitt etwa 1,4 bis 1,5 Kinder. Seit über 150 Jahren steigt die Lebenserwartung in Deutschland kontinuierlich an, pro Jahr um etwa 3 Monate. Gegenwärtig liegt die Lebenserwartung Neugeborener bei 77,5 Jahren (Jungen) und bei 82,6 Jahren (Mädchen). Es ist davon auszugehen, dass die Lebenserwartung auch in den nächsten Jahren steigen wird.
(Studie im Internet: http://url.dapd.de/tsAgAG)